: Don't leave the kids alone
■ Im „open house“sollen Kinder und Jugendliche künftig Hilfe bei Zoff mit Eltern, Schule, Behörden und dem Gesetz finden
„Mächtig Zoff mit seinen Alten“hat den schmächtigen 15jährigen ins Jugendamt getrieben. Aber nun sitzt er vor dem Beamten und muß sich sagen lassen, er dürfe die Schuld nicht immer nur auf seine Eltern schieben. „Such' doch mal bei dir selbst.“Na prima und danke schön. Aber noch mal vorbeikommen? „Mmhm, mal sehen.“
„Völlig normal“, sagt Anja Stahmann von der Naturfreundejugend. „Für das Jugendamt ist es natürlich billiger, wenn solche Probleme schnell vom Tisch kommen und der Jugendliche wieder nach Hause zurückkehrt.“Und das nennt sich dann Jugendhilfe? An genau diesem Punkt will die Naturfreundejugend künftig versuchen einzugreifen. Im April startet das Modellprojekt „open house“, das Kinder und Jugendliche bei Konflikten unterstützen will. Parteiisch.
„Anstatt die kids alleine zu den Behörden ziehen zu lassen, wollen wir ihnen SozialpädagogInnen als Berater zur Seite stellen“, erklärt Stahmann. Und in den meisten Fällen werde es mit dem Rat allein wohl nicht getan sein. Den Jugendlichen müsse vor allen Dingen die Unsicherheit im Umgang mit den Behörden genommen werden – und sie müßten eine Idee davon bekommen, an wen sie sich überhaupt wenden können und daß sie mit den wenigsten Problemen wirklich alleingelassen sind. „Ich glaube, daß vor allem Jugendliche kommen, die Probleme mit der Ausbildung, der Sexualität oder eben mit ihren Eltern haben.“
Aber auch wer schwerwiegendere Probleme hat und beispielsweise straffällig geworden ist, soll sich an die beiden SozialpädagogInnen, mit denen das Projekt zunächst beginnen wird, wenden können. Rechtsanwaltlichen Beistand, wie ihn das Vorbild des Projekts, das vor einem Monat eingeweihte Jugendrechtshaus in Oldenburg, anbietet, können sie allerdings vorerst nicht leisten. „Aber längerfristig gesehen, denken wir auch an eine Zusammenarbeit mit professionellen Rechtsbeiständen“, so Stahmann.
Dafür wird es noch einen jungenspezifischen Schwerpunkt geben, ergänzt Mitstreiter Detlef Schroeder, der vor einem Jahr die Idee für das „open house“hatte. Denn für die gebe es in Bremen bislang kaum Anlaufstellen. „Zum Beispiel könnten wir auch mißhandelten Jungen helfen.“
Lediglich die Finanzierung ist noch nicht vollständig geklärt. Jugendsenatorin Christine Wischer (SPD) will zunächst wissen, ob überhaupt ein Bedarf besteht. Und das sei „sehr kompliziert“zu ermitteln, meint Michael Schwarz aus der Landesjugendbehörde. Es gebe zu wenig Resonanz von den betroffenen Jugendlichen. „Die sprechen nur ungern offen über ihre Probleme.“– „Das ist ja genau unser Ansatzpunkt“, hält Stahmann dem entgegen.
Neben dem „open house“soll auch das Partyprojekt der Drogenberatungsstelle in das Gebäude in der Buchtstraße einziehen, eine „Aufklärungsmaßnahme über Ecstasy und andere Designerdrogen“. Mitarbeiter Matthias Kelting hofft, daß die Zusammenarbeit im Haus den Kontakt zur Szene erleichtert. „Wer kommt schon in eine Drogenberatung?“ km
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen