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Rosen für die Frauen-Bullen

Die zweite Frauenbundeskonferenz der Polizeigewerkschaft in Kassel kritisierte Benachteiligung von Frauen in der Männerdomäne Polizei. Wieviel Strahlendosis verträgt Polizistin neben dem Castor?  ■ Aus Frankfurt/Main Heide Platen

Ein ganzer Saal voller Bull..., voller Polizistinnen. Bullin? Nein, das macht ihnen gar nichts aus, den Frauen am Verkaufsstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in der Kasseler Stadthalle. „Einmal Bulle, immer Bulle“, strahlt eine und ersteht Sticker: niedliche kleine goldene Handschellen.

Die 2. Bundesfrauenkonferenz der Polizeigewerkschaft am Sonntag war so unbeschreiblich weiblich, daß es einigen schon fast zuviel wurde mit dem Herzen, dem Küssen und den rosa Rosensträußen. Polizeimeisterin Petra van Anken aus Bremen fand, einiges davon hätte frau besser bleiben lassen können: „Auf welchem Männerkongreß wird denn gesungen?“

Im Blauen Saal, zwischen Kristall, Gold und Stuck klatschten rund 200 Frauen ihrer – alten und neuen – Vorsitzenden Elke Rath Beifall zu, als die fast lakonisch feststellt, daß Frauen im Polizeidienst immer noch benachteiligt werden. Das gelte bei den 50.000 Frauen im Polizeidienst vor allem für die Führungsebene und für Angestellte und Arbeiterinnen.

Eigentlich hatte die Hamburger Juraprofessorin Heide Pfarr im Eingangsreferat über Europarecht reden wollen. Sie verzichtete darauf. Und referierte den anhaltenden Kampf um die Gleichstellung der Frauen. „Keine Chance. Überhaupt keine! Null! Zero, aussichtslos!“ sah Pfarr auch im künftigen Europa die Aussichten für Frauen nicht rosig. Das liege ausnahmsweise nicht an den Gesetzen, sondern am mangelnden politischen Willen. Frauen würden gegen Arbeitsplätze am Standort Deutschland ausgespielt: „Gleichstellung ist mit dieser modernen Politik unvereinbar.“

Frauendiskriminierung lohne sich, stichelte die Ex-Frauenministerin Hessens, Pfarr. Allein deshalb, weil ein Zusammenhang zwischen Kriminalität und Arbeitslosigkeit bestehe – „bei Männern, und nur bei Männern“. Frauen hätten erst dann eine Chance, „wenn alle Männer und damit alle potentiellen Kriminellen versorgt sind“.

Versammlungsleiterin Lore Behne nannte Pfarrs Vortrag „einen Genuß“. Polizeimeisterin Petra van Anken hat Frauenpolitik früher für „so einen lila Latzhosen- Club“ gehalten. Eigentlich wollte van Anken gar nicht zur Polizei, sondern Handwerkerin, Tischlerin oder Dachdeckerin werden. Aber da fehlten in den Ausbildungsbetrieben „immer die sanitären Anlagen“. Sie lernte Bürokauffrau, hatte davon nach ein paar Jahren genug und dachte: „Das kann es nicht gewesen sein.“ 1991 bewarb sie sich eher halbherzig bei der Polizei und wurde Schutzpolizistin und Frauenbeauftragte.

Ihre Kollegin Nicole Füllmilch hielt die Frauenbewegung für ein „Häkel- und Strickkränzchen“. Sie ist gleich nach der Schule „aus Überzeugung“ Polizistin geworden, sitzt nun als Gastdelegierte im Saal und findet das „ganz toll“.

Beide Frauen sind zum ersten Mal auf so einem Kongreß. Beide waren zusammen in Gorleben beim Castor-Transport eingesetzt. Dort würde sie, sagt Petra van Anken, „nicht mit dem Gegenüber der Polizei“ diskutieren wollen. Einerseits könne sie die Proteste verstehen. Andererseits stehe sie loyal zu ihrem Dienstherren: „Da geriete ich in einen Zwiespalt, in dem ich nur verlieren kann.“ Aber es sei „schon ein mulmiges Gefühl“ gewesen, „nur mal gerade einen Meter entfernt“ neben den Behältern herzumarschieren.

Es fehle an glaubwürdiger Information über die Strahlung. Füllmilch: „Vorher war immer die Rede von einem Einsatz von höchstens einer halben Stunde am Castor. Aber hinterher wird man regelrecht verheizt.“ Zwar sei genau festgelegt, welche Strahlendosis jeder Beamte pro Einsatz und Jahr abbekommen dürfe. Aber, sagt Polizeimeisterin van Anken, „bei mir stand das zuerst nur einmal in der Personalakte. Ich war aber dreimal da.“ Das sei aber nicht nur ein Problem der Frauen, sondern auch für die Männer: „Manche sagen eben kurz vorher, daß sie lieber zu Hause bleiben wollen.“

Ein anderes Problem der Männer hat van Anken ausgemacht, als sie bei Einsätzen im Festnahmezug eine der wenigen und später die einzige Frau war. Gegen die Männerkameraderie sei sie nicht angekommen: „Die wollen keine Frauen. Die wollen da vorne nur die starken Männer haben.“

Im Saal werden die Vorstandswahlen und die 19 Anträge in Supertempo durchgestimmt, meist einvernehmlich. Nur beim letzten, beim Antrag E 1, gibt es Kontroversen. Die Hamburgerinnen verlangen den gewerkschaftlichen Einsatz für kugelsichere Schutzwesten als Standardausrüstung im Vollzugs- und Außendienst. Das halten die Nordrhein-Westfälinnen für „sehr gefährlich“, weil die Westen „ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen“. Die Kolleginnen aus Sachsen protestieren: „Bei uns kaufen sich die Kollegen die schon selbst!“ Und das ist teuer, mit mindestens 1.000 Mark pro Stück. Petra van Anken sieht das Problem praktisch: „Wer will, soll sie auch bekommen können.“ Nur dürfe das Nichttragen keine versorgungsrechtlichen Folgen haben. Schon die nicht schußsicheren Sicherheitswesten in Gorleben seien sehr unbequem und „beim Laufen oder im Sommer“ hinderlich.

Bei der Unterstützung einer Resolution des Netzwerkes „Frauen wollen eine andere Politik“ sind sich fast alle Frauen wieder einig und stimmen zu. Sie fordern einen „Gesellschaftsvertrag“ für Gleichheit, Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit.

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