piwik no script img

Das PortraitEine Amazone namens Emma

■ Emma Herwegh

Wenn Friedrich Hecker auf Emma Herwegh gehört hätte, wäre dem „Heckerzug“ die Niederlage am 20. April 1848 womöglich erspart geblieben. Damals stand der Dichter Georg Herwegh und seine aus deutschen Emigranten gebildete „Deutsche Legion“ auf der französischen Seite des Rheins, um auf ein Zeichen Heckers hin denselben zu überschreiten. Herweghs Frau Emma schlug sich deshalb als Botschafterin zu Hecker durch: „Sie trug schwarze Tuchpantalons und eine schwarze Sammetbluse mit einem Ledergürtel, in welchem zwei Terzerole und ein Dolch steckten“, erinnerte sich ein Mitkämpfer: „Man hielt sie für einen halbwüchsigen Jungen.“ Aber Emma riskierte umsonst ihr Leben, Hecker lehnte jede Hilfe ab – offenbar unter dem Einfluß der Regierungspropaganda über Herwegh, den „Mordbrenner“. Nachdem Heckers Schar in Kandern vernichtend geschlagen worden war, überquerte Herweghs Legion am 23. April den Rhein. Nur vier Tage später wurde sie bei Dossenbach, wo Emma die Munition verteilte, von württembergischen Truppen besiegt. Das Paar floh, als Bauern verkleidet, in die Schweiz.

Emma Herwegh geborene Siegmund wurde am 10. Mai 1817 in Berlin geboren. Ihr Vater, ein zum Protestantismus übergetretener jüdischer Seidenhändler, legte Wert auf die gute Ausbildung seiner Kinder. 1842 verlobte sich Emma mit dem Lyriker Georg Herwegh. „Wir wollen zeigen“, schrieb Emma ihrem Zukünftigen schwärmerisch, „was zwei Menschen können, die zu derselben Fahne schwören, es ist keines Menschen Kraft zu gering, um das gewaltige Rad in Bewegung zu setzen, und die Begeisterung hat Riesenkräfte; oder weckt Riesenkräfte auch in den Frauen.“ Nachdem die Preußen den revolutionären Dichter des Landes verwiesen, folgten Emigrantenjahre in Paris, in denen die Herweghs mit Marx, Heine und George Sand freundschaftlich verkehrten. Nach der Niederlage von 1848 ließ sich das Ehepaar mit seinen drei Kindern in Zürich nieder. Ihr Haus wurde zur Zufluchtstätte für Flüchtlinge aus ganz Europa. Nachdem eine Amnestie für „48er“ erlassen worden war, kehrte die Familie 1866 ins deutsche Baden- Baden zurück. Ute Scheub

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen