: Montenegro will nicht für Milošević geradestehen
■ Der neue Präsident Milo Djukanović akzeptiert einen internationalen Vermittler für Kosovo
Podgorica (taz) – Entgegen der offiziellen Politik des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević will die neue Regierung in Montenegro einen internationalen Vermittler in Kosovo akzeptieren. Dies erklärten Regierungsstellen der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro gestern in der Hauptstadt Podgorica, dem früheren Titograd. Präsident Milo Djukanović scheut sich nicht mehr, eine eigenständige Position Montenegros in der Außenpolitik zu formulieren. In Belgrad wird dagegen an der Sprachregelung festgehalten, „eine Einmischung internationaler Mächte in die inneren Angelegeneheiten“ abzulehnen.
Die Spannungen zwischen Montenegro und Serbien verschärfen sich mit der Zunahme des Konfliktes im Kosovo. Die montenegrinische Regierung fürchtet, daß die Ereignisse auf Montenegro übergreifen könnten. Schon jetzt sind mehr als 5.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo im Land. Angesichts der Drohung der internationalen Gemeinschaft, Jugoslawien mit neuen Sanktionen zu belegen, versucht der neugewählte Hoffnungsträger, Milo Djukanović, eigenständige Kontakte zu den USA und der Europäischen Union aufzubauen. Am Mittwoch hatte er mit dem US-Sondergesandten Robert Gelbard Möglichkeiten erörtert, die Wirkung eines verschärften Wirtschaftsembargos gegen Jugoslawien für Montenegro abzumildern. Gedacht sei an US-Investitionen und Sonderregelungen für die Teilrepublik, heißt es in Podgorica. Die montenegrinische Regierung wolle nicht für die „Politik aus Belgrad geradestehen“. Montenegro sei mit einem Autonomiestatus für Kosovo zufrieden, könnte jedoch auch eine Republik Kosovo im Rahmen eines jugoslawischen Bundesstaates akzeptieren.
Es werden aber auch andere Szenarien diskutiert. Wenn neue Sanktionen verhängt würden, wenn der Konflikt im Kosovo weiterhin durch das Drucken von Geldscheinen finanziert würde, wenn also eine neue Hyperinflation die Wirtschaft Montenegros gefährdet, müßte Djukanović an die Einführung einer eigenen Währung denken – ein großer Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Erich Rathfelder
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