: Energiesparend sparen
Unter ökologischem Bauen wird in Berlin vor allem Begrünung für das soziale Klima verstanden. Dabei würden sich High-Tech-Häuser langfristig rechnen ■ Von Mirko Heinemann
Wenn in Berlin von „Ökologie“ die Rede ist, meint man hier in der Regel „Begrünung“. So im Rahmen der Stadterneuerung in Hellersdorf. Für zwei Millionen Mark wird zwischen den Plattenbauten ein Stadtteilzentrum errichtet, „unter ökologischen Gesichtspunkten“, wie es in der Projektbeschreibung heißt. Das bedeutet jedoch nichts anderes, als daß einige Bäume, Pflanzen und Sträucher die triste Plattenbausiedlung auflockern sollen. Parkflächen sollen hier in erster Linie das soziale Klima verbessern und nicht das der Erde.
Die Beispiele für vom Land durchgeführte Ökobauten lassen sich an einer Hand abzählen. Etwa das Gebäude der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW in der Kochstraße: Dieses wird nach energiesparenden Kriterien renoviert und zum Teil neu erbaut. Hierzu ist weder aufwendige Photovoltaik nötig noch andere technische Anlagen. Der Trick hierbei ist die wärmeisolierende Fassade, die mit riesigen Glasflächen das Sonnenlicht einfängt und hierdurch große Mengen an Wärmeenergie speichert. Wie stark der Energieverbrauch gesenkt werden kann, hängt dabei vom Wetter ab; er soll aber bis zu 40 Prozent betragen. In der Regel werden jedoch die Kostenaspekte und eine schnelle Realisierung den ökologischen Gesichtspunkten untergeordnet.
Dies sei kein Grund, nicht energiesparend zu bauen, meint Hartwig Berger, Bauexperte von Bündnis 90/Die Grünen. „Sicherlich, wenn Sie kurzfristig denken, ist energiesparendes Bauen teurer“, räumt Berger ein, „rechnen Sie aber auf lange Sicht, bekommen Sie die Kosten nicht nur herein, sondern erzielen nach rund 12 Jahren noch einen Gewinn.“ Er moniert, daß die Umsetzung des Energiespargesetzes auf Eis liegt. Dieses war vor über sieben Jahren verabschiedet worden; doch solange es keine Rechtsverordnung gibt, ist das Gesetz Makulatur. „Ein Zeichen, daß das Land Berlin nicht gewillt ist, die eigenen Vorgaben umzusetzen.“ Diese Politik ziehe sich durch alle Bereiche. Bei der Bebauung in Biesdorf-Süd sei solare Energie eingeplant gewesen. „In der Umsetzung ist davon keine Rede mehr.“ In Karow- Nord werden 5.000 Wohnungen gebaut. „Nicht einmal ein Blockheizkraftwerk ist dort errichtet worden.“
Seine Parteifreundin Barbara Oesterheld sieht gar „Rückschritte“. Die Lobbypolitik von Wirtschaftsunternehmen habe dazu geführt, daß der Umweltschutz das Nachsehen hatte. Beispiel: Die Verordnung über die Beschränkung von umweltschädlichem PVC und Aluminium am Bau ist nach Beschwerden von Wirtschaftsunternehmen wieder außer Kraft gesetzt worden.
Immerhin hat sich der Senat durchgerungen, ein Projekt zu fördern, das sich der Erforschung und Entwicklung von wärmesparenden Baumaterialien verschrieben hat. Die „Stattbauhof“ bekommt 70.000 Mark vom Land, allerdings weder vom Bausenat noch von der Umweltbehörde, sondern aus dem Topf für „Arbeit und berufliche Bildung“.
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