Drei Gewinner – drei Anliegen

Internationaler Preis für sozialverantwortlichen Tourismus ToDo! 97 vergeben. Ein Werbeträger für engagierte Projekte, die in der gigantischen Vermarktungsstrategie der Tourismusindustrie untergehen  ■ Von Mechthild Maurer

Allgemeinhin gelten die guten Vermarktungschancen für preisgekrönte Tourismusprojekte als wichtigster Antrieb für die Teilnahme an einem der unzähligen Wettbewerbe in diesem Wirtschaftsbereich. Daß dem nicht so sein muß, zeigten die Preisträger des inzwischen etablierten ToDo!- Wettbewerbs für sozialverantwortlichen Tourismus, der jährlich vom „Studienkreis Tourismus und Entwicklung“ ausgerichtet wird. Der Studienkreis will damit engagierte Tourismusprojekte weltweit fördern und vor allem bekannt machen.

Drei Modelle für einen ökologisch- und sozialverantwortlichen Tourismus, deren Anliegen kaum unterschiedlicher sein könnten, wurden auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin mit dem ToDo!-Preis ausgezeichnet.

Zu den Gewinnern zählt erstmals ein Projekt aus den Alpen, das Regionalprogramm „Natur und Leben Bregenzerwald“, das von allen Gemeinden der Region gemeinsam gewollt und getragen wird. Bauernsterben, Abwanderung der Bevölkerung und Rückgang des Tourismus wurden erfolgreich mit einer gemeinsamen Entwicklungsstrategie und Vernetzung bekämpft.

„Von heute auf morgen geht im Bregenzer Wald gar nichts“, erklärt die Geschäftsführerin der Bregenzerwald Tourismus GmbH, Ilona Authried. Es habe Jahre gebraucht, bis die Bauern von Produzenten zu Vermarktern mutierten. Ohne das Engagement einer Handvoll Engagierter könne man heute nicht auf diesen Erfolg zurückblicken.

Und voller Optimismus werden auch in Zeiten, in denen es um den Tourismus in Österreich nicht so gut bestellt ist, neue Projekte angegangen. Im Mai wird die Vorarlberger Käsestraße eröffnet, an der wieder Tourismusbetriebe, Landwirtschaft und produzierendes Gewerbe in gleichem Maße beteiligt sein werden, eines der bisherigen Erfolgsrezepte von „Natur und Leben Bregenzerwald“.

Die Vorarlberger teilen sich den Preis, der übrigens nur ideellen Charakter hat, mit dem Selbsthilfeprojekt „Shawenequeanpae Kipichewin – Anishinabe Village“. Die Anishinabe gehören zu den indigenen Stämmen Kanadas und bezeichnen sich selbst nicht als „Indianer“, sondern als „People of the First Nations“. Das von den Anishinabe in der Nähe von Winnipeg errichtete Tipi-Camp für Touristen soll Teil des „Heilungs- und Aussöhnungsprozesses mit den Nachfahren der Siedler Kanadas“ sein. Außerdem will das Projekt zur Wiedergewinnung der eigenen Identität und zur Überwindung des Drogen- und Alkoholmißbrauchs sowie der hohen Suizidrate beitragen. Morris Shannacappo, einer der Chiefs der Anishinabe, nutzt die Preisverleihung für eine kleine Einführung in die Mythen der First People, wobei ihm sein mit indianischen Symbolen verzierter Tornister als Hilfsmittel völlig ausreicht. In erster Linie möchte er den Gästen die indianische Lebensweise näherbringen und durch deren Wertschätzung insbesondere den jüngeren Mitgliedern seines Stammes zur Selbstachtung verhelfen, betont Morris Shannacappo. Der wesentliche Gewinn für die Stammesmitglieder aus dem Tipi-Camp und den begleitenden Trainingskursen sei der neue Bezug zur eigenen Tradition und das Wissen, daß es sich lohne dabeizusein.

Ein dritter, gleichwertiger Preis ging an „Amazon Headwaters with the Huaorani“, einem Kooperationsprojekt der Huaoranis im Amazonastiefland von Ecuador und der Reiseagentur „Tropic Ecological Adventures“ in Quito. Die indigene Gemeinschaft will durch das Besuchsprogramm in ihrem Naturschutzreservat in erster Linie auf die existentielle Bedrohung ihres Lebensraums aufmerksam machen. Erdölgesellschaften zerstörten die Natur nachhaltig und bedrohten die Menschenrechte. Kritik wurde auch an den Missionaren geübt.

Moi Enomenga, der Vertreter der Huaorani, klagte bei der Preisverleihung die in- und ausländischen Erdölgesellschaften und die Missionare insbesondere des „Summer Institute of Linguistics“ der massiven Menschenrechtsverletzungen und der skrupellosen Zerstörung der Umwelt an: Sie respektieren nicht unser Naturreservat, sie roden den Wald, sie schleppen unzählige Krankheiten ein, das Erdöl zerstört das Ökosystem.

Und in der Tat hat der Gutachter Hermann Barth über 600 offene, nicht isolierte Becken mit verschmutztem Erdöl gezählt. Zur Bindung des Staubs werden die Straßen mit Erdöl gesprengt. Verheerende Wasserverschmutzungen und unbekannte Krankheiten sind die Folge. Aus den oberirdischen, vielfach geborstenen Rohren versickert – Eduardo Galeanos „offenen Adern“ gleich – das Erdöl in großen Mengen im Regenwald, anstatt bis an die Westküste zu gelangen.

Missionare und Anthropologen werden gezielt eingesetzt, um den Widerstand der Huaoranis zu brechen. Als die indigene Gemeinschaft sich den Erdölgeschäften entgegenstellte, ließ die Regierung sofort Militär in das Naturschutzgebiet einfliegen. Das Erdöl steht den Huaoranis bis zum Hals.

Moi Enomenga schloß seine Aufzählung all dieser Abscheulichkeiten mit der dringenden Bitte um Unterstützung von deutscher und internationaler Seite: „Helfen Sie uns, damit wir weiterhin am Ende der Welt leben können.“

Eine der wichtigsten Hilfen für die Huaoranis, um sich den Auswirkungen der Ölindustrie zu widersetzen, war bisher das Tourismusprogramm. Es schafft ein alternatives Einkommen, das dringend für die Behandlung der vielen Krankheiten benötigt wird. Das Ausflugsprogramm für eine limitierte Anzahl von Besuchern hilft, die traditionelle Lebensweise aufrechtzuerhalten oder wiederzugewinnen. Mit Unterstützung der Touristen konnte die indigene Gemeinschaft im Ausland Aufmerksamkeit für ihre Situation wecken.

So gesehen sind die drei Preisträger die besten Werbeträger für die zukunftweisende sozialverträgliche Konzeption des ToDo!-Wettbewerbs.

Fax: 00593-2-560756, tropic6uio.satnet.net

Bregenzer Wald Tourismus Egg, Österreich, Fax: 0043-5512-3010,

Bwtourismus6egg.vol.at

Shawenequeanpae Kipichewin Manitoba,

Kanada, Fax: 001-204-6362766,

wredco6mts.net

Buchungsadressen der Preisträger: Tropic Ecological Adventures Quito, Ecuador,