Vorläufiges Zuhause für den Castor

■ Warum protestieren die Bewohner der Region gerade jetzt so heftig, was strahlt da eigentlich, und wieviel Atommüll entsteht in Deutschland?

Was ist das Besondere am Castor-Transport nach Ahaus?

Zwischenlager wie Ahaus oder Gorleben stehen derzeit am Ende des nuklearen Kreislaufs. Hier sollen die hochradioaktiven Brennelemente im Castor mehrere Jahrzehnte stehen, bis es ein zentrales Endlager gibt. Ansonsten würden sie die kleinen Lager in den AKW blockieren. Die Bevölkerung in Ahaus protestiert erstmals in größerem Maßstab, weil der Atommüll aus Bayern und Baden-Württemberg kommt. Bisher hatte es stets geheißen, wir brauchen die Lagerhalle ausschließlich für Strahlenmüll aus NRW.

Aber es stehen doch bereits über 300 Castoren in der Halle?

Die 300 Castoren sind gefüllt mit Schrott aus dem stillgelegten Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop. Die jetzigen abgebrannten Brennelemente hingegen garantieren den Weiterbetrieb der AKW Neckarwestheim und Gundremmingen. Außerdem strahlen die Brennelemente des gerade eingelagerten Sixpacks wesentlich stärker, als die restlichen 300 Castoren zusammen; der Hochtemperaturreaktor lief nämlich nur kurz im Probebetrieb.

Warum strahlen die Castoren?

Nicht die Castoren strahlen, sondern ihr Inhalt. Je nach Typ sind innen mehrere Tonnen abgebrannter Brennelemente gestapelt. Sie lieferten im Reaktor die Hitze für die Stromproduktion. Dabei werden die Schwermetalle Uran oder Plutonium – die Spaltstoffe – einem Inferno von Neutronen ausgesetzt. Diese spalten das Uran und setzen so riesige Mengen an Energie frei. Gleichzeitig strahlen die gespaltenen Atome jedoch wesentlich stärker als die Ausgangselemente. Ohne den Schutz der Eisen- und Plastikhülle eines Castors wären Lebewesen neben den Brennelementen des jüngsten Transports innerhalb von Minuten tödlich verstrahlt.

Warum lassen die Castor-Gegner die vielen anderen Transporte ungehindert durch?

Anti-Atom-Initiativen protestieren durchaus gegen alle Atomtransporte. Es gab jedoch im Jahr 1996 etwa 450.000 Strahlentransporte in und durch Deutschland, davon 64 mit abgebrannten Brennelementen, davon wiederum 12 in Castoren, vor allem in die Wiederaufbereitungsanlagen nach Frankreich und Großbritannien. Ihre Strecke ist immer geheim. Nur einer ging 1996 mit Atommüll aus einem laufenden AKW in ein Zwischenlager – nach Gorleben – und wurde von Demonstrationen und dem bis dahin größten Polizeieinsatz der Republik begleitet.

Wieviel Atommüll fällt an?

Solange die AKW laufen, pro Jahr etwa 400 bis 500 Tonnen hochradioaktiven Schwermetalls. Das füllt etwa 50 große Castor-Behälter. Reiner Metzger