: Kein Artenschutz für Wölfe
■ Werder gewann das Nordderby gegen den VFL Wolfsburg klar mit 3:1 / Wolfgang Wolf wird neuer Leitwolf in Wolfsburg von unserem Gastautor Walter Langlott
Vielleicht lag's ja daran, daß Wolfsburg mal „Stadt des KdF-Wagens“war und 1938 von den Nazis gegründet wurde. Jedenfalls pöbelten vor dem Spiel am Samstag eine Horde Wolfsburger Fans im Viertel herum, sie wollten eine U-Bahn von Bremen nach Auschwitz bauen.
Wenig später entzündeten sie dann in ihrem Block (!) auch noch ein Feuer und sorgten mit schwarzen Rauchschwaden dafür, daß jedermann sehen konnte, wo diejenigen standen, die in der nächsten Saison hoffentlich nicht mehr in den Bundesliga-Stadien anzutreffen sein werden. Werder sorgte jedenfalls mit einem klaren 3:1-Sieg dafür, daß der KdF-Wagen weiterhin zügig abwärts rollt in Richtung Zweite Liga rollt.
Ansonsten war's saukalt, aber sonnig im Weserstadion. Komischerweise stieg das Stadionthermometer ausgerechnet in der ersten verkorksten Halbzeit zügig von acht Grad auf zwölf Grad an, obwohl das Spiel nicht gerade zum Erwärmen war. Dennoch: Werder hat verdient gewonnen, hat nach fünf sieglosen Spielen endlich mal drei Punkte eingefahren und die Abstiegsängste endgültig vertrieben. Sogar auf einen Platz an der warmen Fußballsonne im UEFA-Cup können die Grünweißen wieder hoffen.
So richtig wohl fühlte sich bei den kalten Temperaturen offenbar Werders vermeintlicher Fehleinkauf aus dem hohen Norden, Havard Flo. Mit seinen beiden Toren trug er entscheidend zum bislang höchsten Heimsieg bei. Trainer Wolfgang Sidka, der – sicher auch wegen seines unbefristeten Vertrags in der Tasche – entspannter als sonst wirkte, lobte hinterher besonders, daß erstmals die Tore nur von Stürmern geschossen worden seien. Richtig warm ums Herz aber wurde dem frierenden Publikum beim Tor des netten Schweizers Adrian Kunz. Es war sein erster Torerfolg im Werder-Trikot. Er war neben Dieter Eilts zudem der beste Werderaner und wird immer stärker.
Allerdings profitierte Werder auch von der Angriffsschäche der Wolfsburger. Die Wölfe wirkten beweglicher und schneller, litten aber zum Glück unter einer chronischen Beißhemmung. Dabei haben sie schon seit Wochen nichts mehr gerissen. Und gebißfreundliche Tornahrung aus der Schnabeltasse – sprich: per Elfmeter – reicht zum Überleben in der Bundesliga eben nicht aus.
Nur bei Ottos Rotkäppchen aus der Pfalz hat der alte Trick mit der Mehlpfote (in Form des so harmlos wirkenden Torjägers Roy Präger) nochmal funktioniert. Doch das Märchen ist ausgeträumt.
Den Wölfen aus der Heimat des KdF-Wagens fehlt inzwischen die anfänglich erstaunliche „Kraft durch Freude“. Auch Aushilfstrainer Udo Erkenbrecher, ein ehemaliger Werder-Profi, konnte mit seinen alten Beziehungen nach Bremen nicht verhindern, daß es im Weserstadion keinen Artenschutz für zahme Wölfe gab. Am nächsten Samstag allerdings folgt das harmlose VW-Rudel einem neuen Leitwolf. Und in der Höhle der Wölfe werden wohl die Münchner Löwen das große Heulen kriegen. Denn der neue Wolfsburger Trainer heißt Wolfgang Wolf.
Walter Langlott ist Moderator bei Radio Bremen 2
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