: Geheimdaten samt Regierungscomputer gestohlen
■ Seit November fehlen in Thüringen zwei Computer mit Personaldaten des Innenministeriums
Erfurt (AP) – Der Diebstahl von zwei Computern mit offenbar streng geheimen Personaldaten des Erfurter Innenministeriums hat am Wochenende in Thüringen hohe Wellen geschlagen. Die Behörden bestätigten Teile eines Berichts Südthüringer Zeitung über den Fall, der sich bereits im vergangenen November beim Umzug des Innenministeriums mit einer privaten Spedition ereignete.
Dem Zeitungsbericht zufolge bemerkte der Leiter der Abteilung für Versammlungs-, Ausländer- und Ordnungsrecht am 4. November, daß sein Computer fehlte. Auf der Festplatte seien Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung von Regierungsmitgliedern sowie hohen Landesbeamten, Protokolle der geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags (PKK) und der komplette Datenbestand aller verdeckt arbeitenden Ermittler des Landesamtes für Verfassungsschutz gespeichert, schrieb das Blatt.
Innenstaatssekretär Gregor Lehnert versicherte dagegen im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), Daten über Regierungsmitglieder und V-Leute seien auf der Festplatte nicht enthalten. Über die mögliche Brisanz anderer Daten wollte er sich nicht äußern. Ministerpräsident Vogel sagte, er habe erst am Freitag von dem Diebstahl erfahren. Die Daten könnten nicht so bedeutsam sein, „sonst wäre ich vom Innenminister ja viel früher informiert worden“.
Nach dem Zeitungsbericht sollen auch Schriftwechsel und Vorgänge um den beurlaubten Präsidenten des Landeskriminalamts, Uwe Kranz, in einem der Computer zu finden sein. Kranz wurde im Zusammenhang mit einer Rotlichtaffäre um die Ermordung eines türkischen Zuhälters durch eine konkurrierende ukrainisch- russische Gruppe wegen Ermittlungsfehlern und unklarer Kontakte hoher Polizeibeamter zu Bordellbetreibern beurlaubt.
Das Innenministerium erstattete der Zeitung zufolge erst am 11. Dezember Strafanzeige wegen des Computerdiebstahls. Die Staatsanwaltschaft habe ermittelt, ohne über die Brisanz der Daten zu wissen. Die Landesdatenschutzbeauftragte Silvia Liebaug sagte dem MDR, sie sei zunächst nicht informiert worden. Erst nachdem ihre Dienststelle Hinweise auf den Fall erhalten habe, habe sie am 19. Februar das Ministerium um Stellungnahme gebeten. Es gebe noch keine Antwort.
Landtagsabgeordnete der CDU und der PDS forderten eine schnelle und restlose Aufklärung des Falls. Der Südthüringer CDU- Landtagsabgeordnete Peter Häfner hielt den Rücktritt von Innenminister Dewes und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag für angebracht. Der Landesparteitag der FDP forderte Dewes in Erfurt ebenfalls zum Rücktritt auf. Der Vorsitzende des Innenausschusses und Exinnenminister Willibald Böck (CDU) sprach vom bisher schlimmsten Fall des Umganges mit streng geheimen Daten.
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