: Niedere Österreicher sorgen für schwarzes Hoch
■ Die Landtagswahlen im größten österreichischen Bundesland bestätigen die regierende ÖVP und bescheren auch der rechtsnationalen FPÖ und den Grünen Gewinne. Die SPÖ schifft ab
St. Pölten (taz) – Drei strahlende Gewinner brachten am Sonntag die Landtagswahlen in Niederösterreich, dem größten Bundesland der Alpenrepublik. Landeshauptmann Erwin Pröll konnte die unangefochtene Vormachtstellung seiner christdemokratischen ÖVP mit 44,8 Prozent sogar noch ausbauen. Statt bisher 26 hält die Partei jetzt 27 von 56 Sitzen im Landtag. Die Freiheitliche Partei (FPÖ) Jörg Haiders konnte zwar ihr Traumziel von 20 Prozent nicht erreichen, verbesserte sich mit 16,1 Prozent aber von sieben auf neun Mandate. Ausgelassene Stimmung auch bei den Grünen, die mit 4,4 Prozent erstmals die Vierprozenthürde nahmen und zwei Abgeordnete in den Landtag entsenden werden. Damit sitzen sie jetzt in sieben von neun österreichischen Länderparlamenten.
Ob es die Panikmache von Erwin Pröll gegen eine angeblich drohende rot-blaue Koalition zwischen SPÖ und FPÖ war oder die blasse Figur des Spitzenkandidaten Ernst Höger – die Sozialdemokraten fuhren mit 30,5 Prozent und 18 statt bisher 20 Mandaten ihr schwächstes Ergebnis seit Kriegsende ein. Rausgeflogen aus dem Landtag ist das Liberale Forum, das in Niederösterreich mit einem Imageproblem zu kämpfen hat, seit zwei der 1993 gewählten drei Abgeordneten zu anderen Parteien übergelaufen sind.
Im konservativen Agrarland Niederösterreich haben es Linke immer schon schwer gehabt. Die ÖVP ist fest in der Hand des Bauernbundes, der – bis auf Prölls Vorgänger Siegfried Ludwig – alle Landeshauptmänner seit 1945 stellte. Bis 1983 waren Wahlergebnisse zwischen 50 und 60 Prozent normal. Doch auch ohne absolute Mehrheit regieren die Landesfürsten in der neuen Hauptstadt St. Pölten selbstherrlich und autoritär wie eh und je. Parteichef Wolfgang Schüssel, der eine Trendwende im Niedergang der Bundes-ÖVP sehen will, interpretiert das Ergebnis eigenwillig als Absage an Neutralität und Verschärfung des Waffengesetzes, zwei Anliegen der Linken, gegen die sich die ÖVP stark macht. Schüssels bedingungsloser Rein-in-die-Nato-Kurs wird allerdings von Pröll nicht geteilt. Der Mann, der sich rühmt, in seinem Leben nur ein Buch gelesen zu haben – Karl Mays „Schatz im Silbersee“ –, ist Populist. Und Nato ist nicht populär.
Daß im Wald- und Weinviertel die Uhren doch nicht stehengeblieben sind, beweisen der Aufstieg der FPÖ und auch die steigende Sensibilität für Umweltanliegen, die den Grünen in einem schwierigen Bundesland aus einem lang anhaltenden Tief hilft. Mit der 35jährigen Brigid Weinzinger, einer bewährten Aktivistin der Umweltorganisation Global 2000, die erst vor wenigen Monaten der Partei beitrat, haben sie offenbar einen guten Griff getan. Ralf Leonhard
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