■ Mit Rot-Grün in Bonn auf du und du
: Grüne Ausstiegsszenen

Hannover (taz) – „Atomausstieg 98“ lautet der Arbeitstitel der Vordenker-Treffen, zu denen die AtompolitikerInnen aus der Grünen-Bundestagsfraktion derzeit alle acht Wochen nach Bonn einladen. Letztes Wochenende waren es gut 30, die in der Bundeshauptstadt einen Tag lang darüber debattierten, wie denn bei einem Sieg von Rot-Grün bei der Bundestagswahl der Atomausstieg tatsächlich zu bewerkstelligen sei. Auf einem ersten Treffen Ende Januar hatte die grüne Expertenrunde zunächst ihr eigenes Programm festgelegt und intern Arbeitsaufträge vergeben. Am vergangenen Samstag waren die Atomreaktoren und mögliche Restlaufzeiten bis zum Abschalten das Thema. Ende Mai soll es in der Runde um die Entsorgung gehen, und auf Maßnahmen zum Ausstieg will sie sich am 4. Juli einigen.

Auf dem Tisch lag am Samstag einerseits ein Papier des hessischen Umweltstaatssekretärs Rainer Baake. Es will in einem von Rot-Grün zu verabschiedenden Ausstiegsgesetz für die Reaktoren eine maximale Betriebsdauer von 25 Jahren festschreiben. Als Betriebsbeginn soll dabei der erste Probebetrieb eines Atommeilers gelten. Abschläge von der Bertriebsdauer für Stillstandszeiten soll es dabei nicht geben. Dieses Konzept lehnt sich eng an Gerhard Schröders Vorstellungen an, die er noch in den allerersten Energiekonsensgesprächen vertreten hatte. Seine Umsetzung würde zur sofortigen Stillegung der AKWs BiblisA, Stade und Obrigheim führen. Andere Reaktoren könnten dann aber auch unter einer rot-grünen Bundesregierung noch bis zu 14 Jahre weiterlaufen.

Die Braunschweiger Grünen-Abgeordnete Ursula Schönberger, die auf dem Treffen am Samstag die Bundestagsgrünen vertrat, betonte denn auch gestern, daß das Papier aus Hessen in der Vordenker- Runde keinesfalls allgemeine Zustimmung gefunden habe. Die Vorstellungen der Teilnehmer hätten von einem Ausstieg innerhalb von zwei Jahren auf der einen bis zu der hessischen Position auf der anderen Seite gereicht. Ein zweites Papier habe ein Ausstiegsszenario entwickelt, bei dem alle Reaktoren innerhalb von zwei Legislaturperioden vom Netz gehen sollen. Strittig war auch, wie eine künftige rot-grüne Bundesregierung mit den Weisungen umgehen soll, mit denen Bonn rot- grün regierte Länder seit Jahren an einem eigenständigen Ausstiegskurs hindert. Hessen wollte da vor allem die Weisungen zu BiblisA aufgehoben sehen, und dies war anderen grünen Ausstiegsvordenkern dann doch zuwenig. Jürgen Voges