: Unterdrückung ruiniert den Ruf
■ Heute trifft Clinton Kongos Präsidenten Kabila. Der versuchte im Vorfeld Geheimverhandlungen mit der verfolgten Opposition
Brüssel (taz) – US-Präsident Bill Clinton, der gestern im Zuge seiner Afrikatour in Uganda eintraf, soll heute bei einem Afrika- Regionalgipfel mit Laurent Kabila zusammentreffen, Präsident der Demokratischen Republik Kongo. Im Vorfeld hat die kongolesische Opposition Clinton aufgefordert, auf die Freilassung des aufs Land verbannten Oppositionsführers Etienne Tshisekedi und aller anderen „politischen Gefangenen“ zu drängen.
Tshisekedi, Führer der gegen Ende der Mobutu-Ära wichtigsten Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), erkennt die Regierung Kabila nicht an. Mitte Februar wurde er in Kinshasa verhaftet und in sein Heimatdorf in der zentralkongolesischen Provinz West-Kasai verbannt, wo er sich nach Regierungsangaben dem Ackerbau widmen soll. Die USA haben dies bereits scharf verurteilt. François Tshipamba Mpuila, Brüsseler Vertreter der UDPS, hofft nun auf stärkeren Druck seitens Clinton auf die Regierung im Kongo.
Zuletzt hat Kabila offenbar versucht, die Situation zu entschärfen: Er schickte am 15. März Sondergesandte in das Dorf Kabeya-Kabuanga, wo Tshisekedi mit seiner Frau jetzt lebt, um ihm den Posten des Vizepräsidenten vorzuschlagen. Nach Angaben Mpuilas hat Tshisekedi dies abgelehnt, da eine Annahme dieses Postens einem Übertritt zum Kabila-Regime gleichkäme. Der UDPS-Führer habe statt dessen seinerseits Bedingungen für eine Rückkehr nach Kinshasa gestellt: die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Wiederzulassung parteipolitischer Aktivitäten, die seit dem Sieg der Kabila-Rebellenallianz AFDL im Mai 1997 suspendiert sind. Danach, so Tshisekedi, müßten Verhandlungen über die Bildung einer repräsentativen Regierung beginnen.
Kabila bot Tshisekedi Vizepräsidentschaft an
Seit dieser Ablehnung hat die Regierung ihr Vorgehen gegenüber Tshisekedi nach UDPS-Angaben verschärft. Sein Leben gleicht jetzt offenbar mehr einer Gefangenschaft als einem Dorfarrest. Mpuila zufolge dürfen Tshisekedi und seine Frau ihr Haus nicht mehr verlassen; im Haus selbst sei Militär stationiert – angeblich ruandische Soldaten, die im Dorf überdies Eigentum beschlagnahmt und Frauen vergewaltigt hätten.
Die Situation ist um so prekärer, als West-Kasai eine Hochburg der UDPS ist und der von Kabila ernannte Provinzgouverneur Omar Nkamba selber aus der UDPS stammt, wie auch mehrere Mitglieder der Regierung Kabila. Reisen aus Kinshasa in die Hauptstädte der Provinzen West- und Ost-Kasai, Kananga und Mbuji-Mayi, sind nur noch mit Erlaubnis des Geheimdienstes ANR möglich. Tshisekedis Ärzte haben eine solche Erlaubnis bisher nicht erhalten, was die Anhänger des Politikers beunruhigt. Tshisekedis Sohn Felix sagt gegenüber der taz, seinem Vater sei bei der Verhaftung in Kinshasa Valium gespritzt worden. „Kabila glaubt, daß Tshisekedi nachgeben könnte, falls sich sein Gesundheitszustand verschlechtert“, meint Tshipamba Mpuila. „Aber Tshisekedi ist bereit, für die Demokratie das höchste Opfer zu bringen.“
Gefragt, woher er und Felix Tshisekedi ihre Informationen bekämen, wo doch der UDPS-Führer vom Militär völlig abgeschirmt sei, spricht Mpuila von einer „direkten Quelle“ vor Ort und fügt hinzu: „Unsere Führung in Kinshasa ist nicht in der Lage, ihre Informationen zu veröffentlichten. Sie wird verfolgt, viele ihrer Mitglieder schlafen nicht zu Hause und leben praktisch im Untergrund. Nachts werden ihre Häuser von Soldaten aufgesucht.“ Nach Mpuilas Angaben drangen Soldaten am 12. März in das Haus des UDPS-Vorstandsmitglieds Gregoire Mukuna ein. Sie hätten ihn vor seinen Kindern ausgezogen, nackt gefesselt und ausgepeitscht und zwei seiner Töchter vergewaltigt. François Misser
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen