: Letzte Gespräche mit den Dissidenten
■ SPD und CDU ringen noch um die Zweidrittelmehrheit für die Bezirks- und Verwaltungsreform
Bis zur letzten Minute ringen die Fraktionschefs von CDU und SPD um die Zweidrittelmehrheit für die Bezirks- und Verwaltungsreform, über die heute das Parlament abstimmt. Mit einigen unsicheren Kandidaten wollen die Fraktionsspitzen beider Parteien bis zur Parlamentssitzung noch Gespräche führen. Wenn heute mehr als vier Abgeordnete der Koalitionsfraktionen gegen das Reformpaket stimmen, ist das Vorhaben gescheitert.
Eine Probeabstimmung der SPD-Fraktion am Dienstag abend ergab, daß zwei Abgeordnete heute gegen das Reformpaket stimmen wollen, darunter Hans- Joachim Kohl (Kreuzberg) und Gerlinde Schermer (Friedrichshain). Bei der CDU schwanken die Einschätzungen, ob sich einer oder gar drei Dissidenten in ihren Reihen befinden. SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller erklärte gestern: „Wir sind in großer Sorge, weil die CDU-Fraktion gestern nicht den Mut zu einer Probeabstimmung hatte. Dann hätte man Klarheit. So gibt es eine Zitterpartie bis zum Schluß.“
In der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag abend hatte Parteichef Detlef Dzembritzki eindringlich an die Parlamentarier appelliert: „Nehmt euer Herz in die Hand, und tut das der SPD nicht an!“ SPD-Fraktionschef Klaus Böger wird bei einer Sondersitzung der Fraktion unmittelbar vor Beginn des Plenums den SPD-Abgeordneten nochmals die Bedeutung des Reformprojektes vor Augen führen. Bei einem Scheitern will Böger zwar nicht mehr – wie seit Monaten angedroht – die Große Koalition aufkündigen, doch wäre das Regierungsbündnis politisch am Ende. Auch die äußerst schwierigen Haushaltsberatungen, die morgen anstehen und bei denen die CDU-Senatoren vom gesetzlich festgelegten Sparkurs abweichen wollen, würden dann vollends zur Zerreißprobe.
Immerhin: Mit dem Koalitionspartner CDU gibt es in puncto Bezirksreform vor der heutigen Parlamentssitzung keinen Verhandlungsbedarf mehr, wie der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Hans-Peter Seitz, erklärte.
Keine Rolle spielt nach Angaben von SPD-Sprecher Stadtmüller, daß der vom Senat vor längerer Zeit eingebrachte Antrag, 12 Bezirke im Jahr 1999 zu bilden, erst zurückgezogen wird, nachdem das Parlament heute abgestimmt hat. Auch Seitz erklärte, dies bedeute nicht, daß man das alte Senatsmodell als Faustpfand in der Hinterhand halte. Für den Fall, daß das Reformpaket heute nicht die erforderlichen 138 Jastimmen erhält, haben die Grünen Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Welch ein Kanossa-Gang wäre das für die Koaliton! Dorothee Winden
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