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Keine Stimme für den Naturschutz

■ Bergedorf löst zum Unwillen der Umweltbehörde Fachabteilung auf Von Achim Fischer

Die Hamburger Bezirksverwaltungen stellen ihre Naturschutzexperten kalt. Das befürchtet die Umweltorganisation BUND und der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA). Den Anfang sehen die beiden Organisationen in Bergedorf gemacht. Dort wurde das Naturschutzreferat aufgelöst. Die Umorganisation „wird von uns kritisch gesehen“, hieß es auch in der Umweltbehörde.

Bezirksamtsleiterin Christine Steinert (SPD) krempelte bereits ihr gesamtes Bauamt um. Aus sechs Abteilungen – darunter das Naturschutzreferat – wurden vier, mit völlig neuem Zuschnitt; aus dem ordinären Bauamt wurde das „Bauamt 2000“. Die bisherigen Naturschutzexperten wurden auf die neuen Abteilungen verteilt.

„Die fachliche Zuständigkeit wird zerstückelt“, kritisiert Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND, diese neue Verwaltungsstruktur. Ein Beispiel: Naturschutzgebiete waren bislang ausschließlich Angelegenheit der Naturschutzreferate – von der Ausweisung bis zur Pflege und weiteren Entwicklung der Areale. Im Bauamt 2000 sind dafür drei Abteilungen zuständig: eine für Genehmigungen, eine für die laufende Pflege, die dritte für die längerfristige Entwicklung.

Bislang gab das Naturschutzreferat bei allen größeren Planungsverfahren seine Stellungnahme ab – etwa zu geplanten Wohnsiedlungen oder Gewerbegebieten. Diese, aus Naturschutzsicht, kritische Stimme wird es künftig nicht mehr geben, fürchten die Umweltschützer. Die bisherigen Naturschutzexperten sind auf die neuen Abteilungen aufgeteilt. Sie haben damit keine gemeinsame Stimme mehr – und keinen Abteilungsleiter Naturschutz, der ein gewichtiges Wort innerhalb des Bauamts mitzureden hätte.

Konflikte zwischen Bau- und Umweltfachleuten mußten bislang der Baudezernent oder die Bezirksamtsleiterin schlichten. In Zukunft, so vermuten BUND und BDLA, werden Einwände der Naturschutzexperten schon innerhalb der einzelnen Abteilungen abgebügelt.

„Es ist zu befürchten, daß ohne die Stimme des Naturschutzreferats die Belange des Naturschutzes weniger deutlich als bisher vertreten werden“, sagt die Sprecherin der Umweltbehörde, Brigitte Köhnlein. Die Umweltbehörde erwartet außerdem einen „zusätzlichen Verwaltungsaufwand“. Auch die Bergedorfer GAL „findet die Umorganisation nicht gut“. Die Grünen befürchten, „daß die Naturschutzexperten in den anderen Abteilungen untergehen“.

Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Christine Steinert verweist jedoch auf „größere Effektivität“mit den neuen Verwaltungsstrukturen. Die Verfahren können schneller abgewickelt werden. „Das Naturschutzreferat wurde nicht zerschlagen“, verteidigte sie gestern ihre Pläne. „Es wurde nicht eine Zehntel-Stelle gestrichen.“Es habe lediglich eine „Umverteilung“gegeben. „Der Naturschutz ist so in jeder Abteilung verankert.“

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