: Wachstumsprogramm für die EU
■ EU beginnt Beitrittsverhandlungen mit sechs Ländern. Regierungskonferenzen für jeden Kandidaten eingerichtet. Türkei droht mit "gefährlicher Eskalation" bei Integration Zyperns
Berlin (taz/dpa) – Ungeachtet türkischer Drohungen hat die Europäische Union gestern Verhandlungen mit Zypern über einen Beitritt zur EU begonnen. Die Außenminister nahmen in Brüssel Gespräche mit ihrem zyprischen Kollegen Iannakis Kassoulides auf. Anschließend folgten Einzelverhandlungen mit den osteuropäischen Kandidaten Polen, Ungarn, Tschechien, Estland und Slowenien. Die EU richtet für jeden Kandidaten eine Regierungskonferenz für den ständigen Dialog ein. Der britische Außenminister und amtierende EU-Ratspräsident erklärte, „dies wird für beide Seiten harte Arbeit werden.“
Am Montag hatte der türkische Außenminister Ismail Cem bei einem Besuch im türkisch besetzten Nordzypern gedroht, EU-Integrationsgespräche mit der griechisch dominierten Republik Zypern stellten „eine Eskalation dar, die sehr gefährlich werden kann“. Die Türkei lehnt eine Mitgliedschaft Zyperns ab, die türkischen Zyprer verweigerten im Vorfeld die Teilnahme an den Verhandlungen. Als Reaktion auf die Beitrittsverhandlungen gründeten die Türkei und die türkischen Zyprer gestern eine „gemeinsame Wirtschaftszone“, der allerdings eher symbolische Bedeutung zukommt.
Weitere UN-Verhandlungen mit dem Ziel einer Wiedervereinigung der Insel hatte der zyperntürkische Führer Rauf Denktaș Anfang der Woche abgeblockt. Für den Fall der geplanten Stationierung neuer Luftabwehrrakten auf Zypern hat die Türkei mit einem militärischen Eingreifen gedroht. Die russischen Raketen sollen trotz internationalem Druck wie geplant in diesem Herbst geliefert werden, betonte Rußlands Präsident Jelzin gestern.
Der britische Außenminister Robin Cook wiederholte gestern die Position der Union, daß der Beitritt Zyperns beiden Volksgemeinschaften der Mittelmeerinsel zugute kommen solle. Er bedauerte, daß keine Zyperntürken an den Verhandlungen teilnehmen: „Sie haben mehr zu gewinnen als der Rest der Insel“, sagte Cook mit Blick auf die Zyperntürken.
Umstritten ist in der Europäischen Union, ob Zypern auch als Teilrepublik beitreten kann. Frankreich lehnt dies ab, während Großbritannien die Möglichkeit nicht ausschließt. klh
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen