piwik no script img

■ QuerspalteWenn Basler zuviel raucht

Fußball ist, wie man weiß, eine Metapher für das Leben schlechthin. Rüdiger Safranski berichtet in seiner Heidegger- Biographie, daß der Existenzphilosoph gegen Ende seines Lebens immer häufiger das Seinsgeviert seiner Existenzvollzugsanstalt floh, um sich bei seinem Nachbarn Fußballübertragungen anzuschauen. Gern erregte Heidegger sich, dabei auch schon mal eine Tasse umwerfend, über das Dasein von Möglichkeiten, die stümperhaft vergeben wurden.

Der knappste Begriff für die prinzipielle Seinsverfehlung wurde allerdings jüngst von dem italienischen Meisterdenker Trappatoni gefunden, der das mißlingende Leben mit einem „Strunz“ verglich, einem sinnentleert, absurd und häßlich klingenden Vanitasbegriff. „Strunz“ – was braucht's der Worte mehr! Basler dagegen ist langweilig, ein drittklassiges Klischee für Fourtysomethingfitnessstudiobesuchsanwärter, die einen Hauch von Rebellion, Welt und Abenteuer verspüren, wenn sie lesen, daß der gestört wirkende Edelreservist „noch gerne kurz vor dem Anpfiff eine Marlboro pafft“ (Bild). Doch damit ist jetzt Schluß. Nachdem Fans ständig beim FC Bayern anriefen, um zu melden, daß sie Basler nach dem „Sandmännchen“ noch auf offener Straße gesehen hätten, beauftragte Manager Uli Hoeneß nun eine Münchner Detektei, die Baslers „Lebenswandel“ überprüfen soll. Die Vorwürfe gegen den Freistoßspieler sind erschreckend: Angeblich soll er die Kneipen in Landshut bestens kennen, „vor allem nach Mitternacht“ (Bild). Von „Glücksspiel“ ist auch die Rede. Ungeheuerlich. Und das mit unseren Steuergeldern! Deshalb soll Basler entlassen und durch „Effe“ ersetzt werden (kicher). Vielleicht erinnern sich die Älteren noch an die Lausbuben Müller, Breitner und Hoeneß, die während der WM 74 aus dem deutschen Trainingslager ausbüxten und sich dann beim Zigarre rauchen von Bild fotografieren ließen. Damals fand das jeder toll. Damals, als die Welt jung und schön und Willy Brandt noch Kanzler war. Detlef Kuhlbrodt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen