: Keine Ehrenrechte für Le Pen
Ein Gericht verurteilt den Chef der französischen Front National, weil er eine sozialistische Politikerin verprügelt hatte. Er darf zwei Jahre nicht kandidieren ■ Aus Paris Dorothea Hahn
Seit gestern ziert eine weitere Verurteilung das lange Strafregister des Chefs und Gründers der rechtsextremen Front National, Jean-Marie Le Pen. Das Landgericht in Versailles entzog dem Europa- und Regionalratsabgeordneten wegen Gewalt gegen eine sozialistische Politikerin für zwei Jahre das passive Wahlrecht sowie die bürgerlichen Ehrenrechte, brummte dem Multimillionär eine Geldstrafe in Höhe von 6.000 Mark auf sowie eine Bewährungsstrafe von drei Monaten.
Zwischen den beiden Durchgängen für die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr hatte Le Pen das getan, was er sonst seiner berüchtigten Ordnertruppe Département-Protection-Sécurité (DPS) überläßt. Er schlug mit eigenen Händen und vor laufenden Kameras auf die Sozialistin Annette Peulvast-Bergeal ein, die sich in der Pariser Arbeitervorstadt Mantes-la-Jolie an einer Demonstration gegen Le Pen beteiligte. Peulvast-Bergeal trug zahlreiche blaue Flecken und Kratzer davon und erstattete Anzeige.
Le Pen zeigte keinerlei Reue, sondern sprach von einer „Provokation“. Gestern erschien er nicht zum Gerichtstermin in Versailles, kündigte anschließend jedoch an, daß er Berufung einlegen werde. Damit ist die Wirkung des Urteils automatisch aufgeschoben.
Sollte das Urteil rechtskräftig und Le Pen sein passives Wahlrecht entzogen werden, kann Le Pen nicht persönlich im Europawahlkampf des kommenden Jahres antreten und würde seine beiden gegenwärtigen Mandate im Europaparlament und im Regionalrat des südfranzösischen Paca – die Region rund um Marseille, wo die Front National vier Städte regiert und bei den Regionalwahlen im März 27 Prozent der Stimmen bekam – verlieren.
Front-National-Beobachter glauben, daß damit auch Le Pens Position gegenüber seinen parteiinternen Gegenspielern – allen voran die Nummer zwei, Bruno Mégret – geschwächt würde. Allerdings ist Le Pen schon oft gestärkt aus „Krisen“ hervorgegangen. Für Le Pen ist das gestrige Urteil angesichts des Wahlrechtsentzugs das bisher härteste. Zwar hatte er „bloß“ Bewährungs- und Geldstrafen für seine gezielten Provokationen bekommen: wegen seiner Behauptung, der „Holocaust ist ein Detail der Geschichte“, wurde er bereits zweimal verurteilt und mehrfach wegen anderer verbaler und oft rassistischer Angriffe und Diffamierungen.
Le Pens Karriere haben die Urteile nie geschadet. Zuletzt gelang es dem 69jährigen vor zwei Wochen mit seiner Kandidatur für die Regionalpräsidenz in Paca, die knapp scheiterte, ganz Frankreich in Aufregung zu versetzen.
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