: Ohne Leistung läuft nix
■ Fast so schön wie in den 50ern: Leistung soll wieder in Mode kommen. Zumindest wenn es nach dem Hochschulrahmengesetz geht.
„Studenten leisten zuwenig, ich bin das beste Beispiel.“ Die Antwort von Eva-Maria in der Umfrage an der Uni war da entschieden. Sie packe es einfach nicht, weil sie nicht gelernt habe, sich schriftlich auszudrücken, und den Tag einfach so verdattele. Oliver aus Bremen sieht das ähnlich. „Leistungsgesellschaft? Nee!“ sagte er auf die Frage von Bremer tazlerInnen. „Viele Studenten“, glaubt er, „wollen an der Uni doch nur Zeit schinden und sich möglichst lange vorm Berufsleben drücken.“ Das Gerede von der Leistung, das HochschulpolitikerInnen und Bildungsexperten in Zeiten magerer Kassen beschwörend im Munde führen, kratzt die Studenten wenig – könnte man meinen.
Doch was genau heißt eigentlich Leistung – jenseits von der physikalischen Definition als Quotient aus Arbeit und Zeit? Besteht sie in guten Noten, einem schnellen Studium oder, wie Hans Kleinsteuber, Politikwissenschaftler an der Universität Hamburg, meint, im studentischen Massengeschäft schon darin, zu überleben? StudentInnen müssen heute vieles von der Hochschule mitnehmen, lernen, sich flexibel auf neue, schwierige Berufseinstiege einzustellen. Und sie haben zunehmend Aufgaben neben der Universität zu bewältigen: Studienfinanzierung, Familie, berufsvorbereitende Qualifizierung schon neben dem Studium. Tazler haben sich an der Uni umgehört: Wie ist die Stimmung vor Ort, leisten StudentInnen wirklich zuwenig?
„Die staatliche Finanzierung der Hochschulen orientiert sich an den in Forschung und Lehre erbrachten Leistungen“, heißt es im neuen Hochschulrahmengesetz (HRG). Wettbewerb, leistungsbezogene Mittelvergabe, Leistungspunktesystem – keine Frage, an den Hochschulen wird die Diskussion um Leistung und Effizienz in den kommenden Jahren eine wachsende Rolle spielen. Gerade wenn die Hochschulen unter so gravierenden Einsparungen fertig werden müssen wie derzeit in Berlin. Reformen, fordert daher Sybille Volkholz, bildungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, müssen an Leistungskriterien gebunden werden.
Die Studierenden werden künftig, so will es das HRG, wohl mit Leistungspunktesystemen klarkommen müssen. Ob sich das lohnt, wenn die Magister- und Diplomarbeiten eh nur, schwups, in den Reißwolf wandern? Zum Glück gibt es inzwischen immerhin Agenturen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die studentischen Ergüsse nachfragegerecht zu vermarkten.
Zudem: Den StudentInnenvertretungen geht es, so scheint es, an den Kragen. Zumindest was das politische Mandat angeht. Eine bundesweite Klagewelle rollt auf die Asten zu – steckt dahinter ein Münsteraner Kopf?
Wem es angesichts dieser Entwicklungen hierzulande reicht, sollte sich mal ins Ausland trauen, für ein paar Semester oder ein Praktikum vielleicht. Ein Blick ins Internet zeigt eine Fülle von Möglichkeiten. Das bleibt wohl der einzige Trost, denn auch unter der Gürtellinie weht die Fahne der Revolution von einst schon längst nicht mehr. Das zeigte eine neue Studie aus Hamburg. Ergebnis: StudentInnen sind Serien-Monogamisten. adi
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