: „Den Job möchte ich nicht eintauschen“
■ Die Stadtteilschule Hermannsburg hat einen Schlangenfänger als Hausmeister
Reinhard Ahnemann ist staatlich anerkannter Schlangeneinfänger und schreibt an einem Theaterstück. Nicht hauptberuflich. Hauptberuflich ist er Hausmeister der Integrierten Stadtteilschule an der Hermannsburg in Huchting. Seit 1992 kümmert sich der 41jährige nicht bloß um kaputte Türschlösser, sondern auch um mehrere Arbeitsgruppen der Schule, skatet zum Beispiel einmal pro Woche mit Jugendlichen. Und ganz nebenbei beherbergt er noch mehrere Schlangen, zwei Leguane, einen Waran, einen Dackel und zwei Greifvögel bei sich zu Hause.
Nach sechs Jahren als Lackierer bei Daimler-Benz erhielt er den ersehnten Job als Hausmeister in der Schule, die er selbst als Schüler besucht hat:„Handwerk und dazu von Kids umgeben sein, das ist genau das, was ich wollte.“Um ein Vertrauensverhältnis zu den SchülerInnen aufzubauen, begann er, mit einigen von ihnen Baseball zu spielen und führte zeitgleich, in Absprache mit dem Schulleiter Rolf Berger, eine Reptilien AG ein, die bis heute eine überwältigende Resonanz bei den SchülerInnen hat. „Manche sind seit viereinhalb Jahren dabei und wollen einfach nicht wechseln, dabei müssen sie auch die unangenehmen Sachen wie Terrarien säubern und Scheiben putzen übernehmen“, so Ahnemann.
Um auch in Sachen Artenschutz aktiv werden zu können – „die Schüler sind die Reisenden von morgen und übermorgen“–, wand sich Ahnemann an das Bonner Bundesamt für Naturschutz. Sein Anliegen: Vom Zoll beschlagnahmte Exponate zu erwerben, „weil Kids was zum Anfassen brauchen.“Nach zweijähriger Prüfung bekam er die offizielle Zusage. Mittlerweile faxen ihm alle deutschen Hauptzollämter eine Liste mit beschlagnahmten Tieren und Exponaten zu, etwa Giftschlangen, ausgestopfte Greifvögel oder Schuhe aus Krokodilleder, auf die er Vorgriffsrecht hat.
„Das ist mein Gruselkabinett für die Schüler“, erklärt Ahnemann seine irritierende Sammlung: „Natürlich sieht das gut aus, aber die Tiere mußten für ein Souvenir sterben. Im Rahmen der AG entstand 1996 auch eine Ausstellung im Roland-Center zum Thema Artenschutz, die nicht zuletzt dank der tatkräftigen Mithilfe der SchülerInnen zu solch einem Erfolg wurde, daß dieses Jahr wieder eine Ausstellung geplant ist. Daneben will er seinen Garten in eine riesige Voliere umwandeln, um dort beschlagnahmte Greifvögel aufnehmen zu können und die SchülerInnen auch an diese Tiere heranführen zu können. Das Wichtigste aber sei, so Ahnemann, daß die Schüler überall mitmachen. „Ich geb' zu, meistens stehe ich schon auf seiten der Kids“, sagt Ahnemann zu Vorwürfen, er würde hemmungslos parteiisch sein, „aber ich weiß, was ich tue. Vielleicht habe ich nur nicht vergessen, wie es ist, jung zu sein.“Und angesprochen auf sein knappes Privatleben, sagt er : „Ich hab's mir nicht anders ausgesucht. Den Job möchte ich gegen keinen anderen eintauschen.“kade
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen