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■ Vorschlag„Perverted Justice“ – Dokfilm über lesbische Frauen in der Todeszelle

Ana Cordona sitzt in der Todeszelle. Sie hat das jüngste ihrer vier Kinder tödlich mißhandelt. Im Gerichtsraum, so zeigt es der Film „Perverted Justice“, wird über ihre lesbische Beziehung gestritten. War sie der „Mann“? Ihre Freundin kommt als „gute Lesbierin“ davon, weil ihr der weibliche Part in der Beziehung zugesprochen wird.

Mehr als 40 Prozent der in den USA zum Tode verurteilten Frauen sind lesbisch. Das ist statistisch völlig unplausibel und einer der vielen Skandale, die der Skandal der Todesstrafe nach sich zieht. Zu Armut und damit einhergehender mangelhafter Verteidigung, zu opportunen Todesurteilen von Richtern, die um ihre Wiederwahl kämpfen, gesellt sich hier ein mythisches Denken. Ein Denken, das auf magische Weise den Widerspruch löst, den die erbarmungslos unaufgeklärten Christen des amerikanischen Bible-Belts, in dem die Mehrzahl der Todesurteile verhängt und vollstreckt werden, zwischen ihrem Bild der Frau als sittlicher Instanz und moralischer Lichtgestalt sehen und der Frau, die getötet hat. Nicht ihr Konzept von der Natur der Frau erkennen sie als falsch, sondern die Natur der tötenden Frau – was eben deren „widernatürliche“ lesbische Sexualität beweist. Weil nach diesem christlichen Familienszenario die Natur des Mannes auch eine mörderische ist, wurde noch nie ein Mann zum Tode verurteilt, der sein Kind zu Tode mißhandelte.

Gegen dieses wahrhaft fatale Denken vermögen selbst gute und teure Anwälte nichts auszurichten. Es ist das Verdienst des Filmes der englischen Musik-TV-Produzentin Valentine Schmidt und der Regisseurin Donna Clark, die sich 1996 in den Südosten der Vereinigten Staaten aufmachten, um dort mit AnwältInnen, UniversitätsjuristInnen und AktivistInnen über die Sonderbehandlung von Lesben zu sprechen, dies in aller Schärfe aufzuzeigen. Zusätzliche Brisanz bekommt die Dokumentation durch die neue Situation, daß in den Vereinigten Staaten erstmals seit 139 Jahren, seit dem 4. Februar 1998, als im Gefängnis von Huntsville, Texas, die 38jährige Doppelmörderin Karla Faye Tucker eine Giftspritze injiziert bekam, auch wieder Frauen hingerichtet werden. Brigitte Werneburg

Heute, 20 Uhr, G-Spot im Acud-Kino, Veteranenstraße 21

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