: Justiz und Datenschutz
■ Kritik am EDV-System der Staatsanwaltschaft
Bremens Datenschutzbeauftragter Stefan Walz geht mit „SIJUS-Straf“, dem neuen EDV-System der Bremer Staatsanwaltschaft hart ins Gericht. „Jeder, der an einem Terminal sitzt, kann sich theoretisch Daten runterladen und mitnehmen. Das ist ja gerade der Witz an Diskettenlaufwerken.“Daß die Computer der gesamten Verwaltung – vom Sachbearbeiter bis zur Staatsanwältin – jeweils mit eigenen Diskettenlaufwerken ausgestattet sind, paßt dem Datenschützer gar nicht. „Bundesweit einmalig“sei das. Walz fürchtet, daß sich in Bremen ähnliches ereignen könnte wie bei dem kürzlich bekanntgeworden Fall eines an der deutschen Ostgrenze stationierten BGS-Beamten, der sich in seiner Dienststelle auf oben beschriebenem Weg Daten besorgt hatte, um sie hinterher an Schleuserbanden zu verkaufen.
Bereits in Walz' letztjährigem Bericht an den Datenschutzausschuß der Bürgerschaft hieß es, daß im Vergleich mit anderen Bundesländern „in Bremen das offenste System eingesetzt“werde. Soll heißen: Zu viele Personen haben die Möglichkeit, zu sensible Daten aus Strafverfahren in die Hände zu kriegen.
Deswegen fordert der oberste Datenschützer, die Einspeisung von Daten auf eine zentrale Stelle zu beschränken und einer automatischen Kontrolle zu unterziehen. „Vorbildliche Vorkehrungen sieht z.B. das in Schleswig-Holstein eingesetzte Verfahren vor“, so Walz.
Jan Frischmuth, leitender Oberstaatsanwalt, der „SIJUS-Straf“kürzlich der Öffentlichkeit präsentierte, räumt zwar ein, daß es in punkto Datenschutz noch „kleinere Unstimmigkeiten“gebe. Sonst allerdings ist er voll des Lobes: „Die Staatsanwaltschaft Bremen ist, was die EDV angeht, weit vorn.“
Inzwischen aber ist offenbar auch der Datenschutzausschuß der Bürgerschaft ungeduldig geworden. Schließlich ist das System schon seit eineinviertel Jahren in Betrieb und die seit mittlerweile zwei Jahren vorgetragenen Kritikpunkte sind noch immer nicht ausgeräumt. Deswegen verlangt der Ausschuß von der Justizbehörde bis Anfang Mai einen Sachstandsbericht. Wenn die ParlamentarierInnen dann noch immer keine befriedigenden Antworten bekommen, könnte es Ärger geben: Während der Datenschutzbeauftragte nur unverbindlich herumkritisieren kann, müßte sich im Fall einer scharfen Kritik des Ausschusses womöglich der Behördenchef Henning Scherf höchstpersönlich vor der Bürgerschaft rechtfertigen. André Anchuelo
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