Keine Gnade vor Recht

■ Landgericht hob Bewährungsstrafe gegen Drogendealer auf / Ersttäter muß deshalb in den Knast und verliert seinen Job / Seine Frau ist im fünften Monat schwanger

Mit Drogendealern hat Berndt-Adolf Crome, Präsident des Landgerichts, kein Erbarmen. „Wer sich nicht anständig beträgt und sich ohne Not ins Rauschgiftgeschäft reinziehen läßt, muß halt damit rechnen, in Haft genommen zu werden“, sagt der Strafrichter. Und: „Es geht nicht um Deutsche oder Ausländer, man muß beiden Gruppen zeigen, daß man hier nicht mit Drogen handeln darf.“Was das heißt, hat jetzt ein 38jähriger Türke zu spüren bekommen. Der Mann hatte 300 Gramm Heroin verkauft. Während das Amtsgericht dem geständigen Ersttäter noch einmal eine Chance geben wollte und ihn zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilte, kannte Crome in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht keine Gnade. Zwei Jahre, zwei Monate und zwei Wochen Haft, entschied er.

Für den Mann in mehrfacher Hinsicht ein tragisches Urteil. Um die Bewährung zu nutzen, hatte er sich nach dem Urteil des Amtsgerichts vom November 1997 einen Job bei der Werkstatt Bremen gesucht, den er jetzt nicht antreten kann. Seine Ehefrau, eine Deutsche, ist im fünften Monat schwanger. Wenn das Kind zur Welt kommt, sitzt sein Vater entweder im Knast oder ist in die Türkei abgeschoben worden. Da Crome die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt hat, droht dem Mann jetzt die Abschiebung. Nach Paragraph 48 des Ausländergesetzes werden Ausländer, die wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden sind, in der Regel abgeschoben – und zwar auch, wenn sie mit einer Deutschen verheiratet sind.

„Das ist ein Rückfall in das reine Schuldstrafrecht aus dem 19. Jahrhundert“, empört sich Reinhard Engel, der Anwalt des Mannes. „Das Urteil soll nur abschrecken, und die Bevölkerung befriedigen. Daß die Resozialisierung des Täters im Vordergrund stehen muß, hat der Richter völlig außer acht gelassen. Dabei sind die Voraussetzungen für eine Resozialisierung selten so günstig wie bei diesem Mann.“

Um die Resozialisierung nicht zu gefährden, hatte das Amtsgericht in erster Instanz auf Bewährung erkannt. Die viermonatige Untersuchungshaft habe den Angeklagten „offenkundig nachhaltig beeindruckt“, heißt es in der Urteilsbegründung. Außerdem sei der Mann ein Ersttäter, der vorher noch nie etwas mit Drogen zu tun gehabt habe. Das Rauschgift hatte er von einem Verwandten bekommen, der kurz zuvor abgeschoben worden war. Daß der Mann ohne sein Geständnis nicht hätte überführt werden können, wertete der Amtsrichter ebenfalls zugunsten des Angeklagten. „Das Gericht hat auch positiv bemerkt, daß der Angeklagte sich bemüht, eine Arbeitsstelle zu finden. Es ist deshalb zu erwarten, daß der Angeklagte auch ohne die Einwirkungen des Strafvollzuges künftig keine weiteren Straftaten mehr begehen wird.“

Daß der Mann „charakterlich gefestigt“erscheint, inzwischen einen Job hat und demnächst Vater wird, weiß auch Crome. „Es geht aber nicht nur um die Prognose“, verteidigt der Richter sein Urteil. Strafe müsse halt sein. Schließlich sei der Mann nicht drogensüchtig und hätte deshalb keinen Grund gehabt, mit Rauschgift zu handeln. Selbst „unbescholtene Kaufleute“müßten ins Gefängnis, wenn sie Drogen verkauften, so Crome. Die Bewährung sei „sehr ins Gerede gekommen“. Deshalb würden sich die Schöffen nicht mehr so ohne weiteres darauf einlassen. Daß der Mann durch die Haftstrafe seinen Job bei der Bremer Werkstatt verliert, sei bedauerlich. Aber da die Bremer Werkstatt das Ziel hätte, „Leute zu integrieren“, könne der Mann es ja nach der Haft „nochmal versuchen.“Crome: „Das wollten wir ihm ja auf keinen Fall kaputtmachen.“ kes