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Europa ist Inland, sagt Stoiber – und ärgert Kinkel

■ Der bayerische Ministerpräsident will dem Außenminister die Europapolitik wegnehmen

München/Bonn (taz/AFP/AP) Der Regierungskoalition geht es offensichtlich gut. Der letzte koalitionsinterne Streit ist noch nicht beendet, da wird schon das nächste Faß aufgemacht. Der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) erklärte in einem Gespräch mit Focus, daß die Europapolitik aus dem Auswärtigen Amt (AA) herausgenommen werden müsse. Bei der traditionellen Ausrichtung von Kinkels Ministerium auf die Diplomatie würden innenpolitische Interessen „zu wenig verfochten“. Statt dessen müsse das Amt eines Europaministers geschaffen werden. Schließlich gebe es das ja in anderen europäischen Ländern auch.

Stoiber argumentiert, der Europaminister müsse auf jeden Fall ein Innenpolitiker sein. In Brüssel würden heute schon 50 bis 70 Prozent der innenpolitischen Entscheidungen Deutschlands getroffen. „Die Europapolitik hat im Auswärtigen Amt nichts mehr zu suchen“, meint Stoiber. Helfen könne da nur ein Europaminister, der im Kanzleramt angesiedelt und dem Bundeskanzler unmittelbar unterstellt sei.

Beim FDP-Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt ist dieses Ostergeschenk nicht gut angekommen. Stoibers Forderung sei sachlich unbegründet, politisch schädlich und habe deshalb „mit der FDP keine Chance“. Die Europapolitik sei das Kernstück deutscher Außenpolitik und müsse daher beim AA bleiben. „Stoiber muß endlich begreifen, daß die CSU nicht die Oberaufsicht in der deutschen Außenpolitik haben kann.“

Stoibers Einsicht ist zu begrüßen. Ist dies doch einmal ein vergleichsweise konstruktiver Vorschlag zur Europapolitik. Ein Europaministerium als neues antieuropäisches Kampfinstrument kommt aber nicht in Betracht. Stephan Bethe

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