Interview: „Fällt auf uns zurück“
■ Ostermarsch-Organisatorin Renate Kirstein über 37 Jahre Protest
taz hamburg: Was die TeilnehmerInnenzahlen angeht, ist die Hoch-Zeit der Ostermärsche vorbei. Warum halten Sie trotzdem an dieser Protestform fest?
Renate Kirstein: Unsere Republik sähe sicher anders aus, wenn wir das die ganzen Jahre nicht gemacht hätten. Dann hätte zum Beispiel die Bundeswehr schon viel früher in Konflikte außerhalb Deutschlands eingegriffen. Es ist weiterhin wichtig, die öffentliche Meinung mitzubilden.
Warum kommen nicht mehr so viele Menschen wie in den 80ern?
Immerhin sind die TeilnehmerInnen-Zahlen in Hamburg seit drei, vier Jahren konstant. Trotzdem ist es offenbar so, daß sich die Menschen nur für etwas motivieren lassen, wenn sie selbst direkt betroffen sind. Von der Regierung wird diese Ellenbogengesellschaft ja auch eifrig gefördert.
Ist sich heute jeder selbst der Nächste?
Natürlich brennen den Leuten andere Probleme auf den Nägeln, wie zum Beispiel die Arbeitslosigkeit.
Sind die Schwerpunkte der Friedensbewegung heute überhaupt noch aktuell?
Sicher gibt es für viele Menschen dringendere Probleme. Aber gerade die Militarisierung schafft immer wieder neue. Nehmen wir zum Beispiel die Rüstungsexporte. Die fördern woanders Kriege, die Menschen zu Flüchtlingen machen. Das fällt dann auch wieder auf uns zurück.
Ihr wievielter Ostermarsch war es in diesem Jahr?
Das kann ich gar nicht mehr zählen. Ich bin seit 1961 dabei.
Hoffen Sie, daß es einmal wieder mehr TeilnehmerInnen werden?
Ja, sicher, wenn die Menschen persönlich betroffen sind, wie damals beim Golfkrieg, dann werden sich auch wieder mehr beteiligen. Das kann jederzeit passieren.
Fragen: Heike Dierbach
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