: Zurück zur Familie
■ Hebammen in Hamburg wollen ihr Tätigkeitsfeld stärker ausbauen
Früher kam die Hebamme nicht nur als Geburtshelferin angeradelt, sondern auch als Vertraute in Sachen Familienglück. Heute führt der erste Weg der Schwangeren in die nächste Arztpraxis, wo sie über die Risiken des Unternehmens Kugelbauch aufgeklärt wird. Nun wollen Hamburger Hebammen ein Stück ihres klassischen Aufgabenfeldes von den GynäkologInnen zurückerobern.
Ein erster Modellversuch wurde im Familienhilfezentrum Barmbek-Süd gestartet. Dort bilden Hebammen gemeinsam mit den Familienhelferinnen des Bezirks ein Team und verstehen sich als Nahtstelle zur Kinder- und Jugendhilfe. Mütterberatung, Selbsthilfegruppen und Elternzusammenschlüsse finden sich dort unter einem Dach, um den Einstieg für (Allein-)Erziehende, die Unterstützung brauchen, so leicht wie möglich zu machen.
Denn viele Frauen wissen nach Einschätzung des Bundes der Deutschen Hebammen e.V. nicht, daß sie sich während einer Schwangerschaft nicht nur in einer gynäkologischen Praxis betreuen lassen können. Zwar „wird das Familienhebammenmodell bislang von den Kassen nicht finanziert“, bedauert die Sprecherin des Geburtshauses in Altona, Blanka Beck. Aber die meisten Kassen kommen für die Vorsorgeuntersuchungen durch eine Hebamme auf – schon weil die Kosten etwa ein Drittel unter denen der GynäkologInnen liegen.
Die Hebammen beziehen außerdem Aspekte in die Betreuung ein, die bei Ärzten nicht selbstverständlich sind. „Unser Hauptaugenmerk richtet sich auf die Potentiale der Frauen und auf ihr Umfeld“, so Blanka Beck. Psychologische und soziale Aspekte kommen bei den niedergelassenen ÄrztInnen meist zu kurz.
Nachdem die Kassen im Herbst vergangenen Jahres die Sätze für Vorsorgebesuche der Hebammen heraufgesetzt haben, soll zum 1. Juli auch die ausgebaute Wochenbettbetreuung besser bezahlt werden. Ab 1. Oktober wollen die Krankenversicherungen auch für Hilfestellungen bei Stillproblemen aufkommen. Andere Aufgaben wie die Beratung zur Pränataldiagnostik oder zur Familienplanung leisten die Hebammen weiterhin unentgeldlich. Lisa Schönemann
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