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Eine Flasche Leitungswasser für 22.500 Dollar

■ Kurioser Prozeß um gefärbte Dollarnoten und eine erfundene Zentralbank

Auf „bemerkenswerte plumpe Weise“, fand der Staatsanwalt, sei in diesem Fall Geld abgezockt worden. Einer der Verteidiger nannte es eine witzige Lachnummer. Und sogar der Richter war bei bester Laune. Grund für die gute Stimmung im Bremer Amtsgericht war der Prozeßauftakt gegen zwei Männer, die des Betruges angeklagt sind. Die Geschichte klingt teilweise so unglaublich, daß man es kaum glauben mag.

Die beiden Angeklagten, nigerianische Staatsbürger, sollen gemeinsam mit nicht ermittelbaren Mittätern im September 1997 einen israelischen Geschäftsmann übers Ohr gehauen haben. Zunächst vereinbarten sie, daß der Israeli eine Geldüberweisung aus Nigeria in Höhe von 15 Millionen US-Dollar auf sein Konto eingehen läßt. Dafür sollte der Mann im Voraus eine Provision von 15.000 Mark bezahlen. Wofür die Millionensumme bestimmt war, blieb vor Gericht offen. Die Überweisung schlug jedoch fehl.

Dennoch trifft sich der Geschäftsmann im November mit den mutmaßlichen Tätern in Bremen. Sie fahren mit ihm nach Hemelingen in Büroräume, die sie als Niederlassung der „Central Bank of Nigeria“bezeichnen.

Dort, so die Anklage, zeigen sie dem Mann zwei Koffer mit schwarzgefärbtem Papierstücken in Geldscheingröße. Dabei handele es sich um Dollarnoten im Wert von umgerechnet acht Millionen Mark, die aber aus Sicherheitsgründen eingefärbt worden seien. Zur Rückentwicklung der eingefärbten Dollarscheine solle der Geschäftsmann jedoch 15.350 US-Dollar für nötige Chemikalien zahlen.

Den Reibach vor Augen, zahlt er, erhält aber bis zu seiner Rückreise nach Israel keine Chemikalien. Bei einem späteren Treffen soll er weitere 90.000 US-Dollar für eine chemische Lösung bezahlen. Das geht dem Mann aber offenbar zu weit, er benachrichtigt die Polizei.

An seiner Stelle treten bei dem Treffen zwei Polizisten auf den Plan, die sich als Vertreter des Israelis ausgeben. In einem Schnellrestaurant in Habenhausen sollen sie gegen Zahlung von 22.500 US-Dollar eine Flasche erhalten, in der sich die chemische Lösung zur Rückentwickliung der vermeintlichen Dollarscheine befinden soll. Das Wundermittel entpuppt sich jedoch als schnödes Leitungswasser.

Die beiden Angeklagten erklärten gestern dazu, sie hätten nur indirekt mit der Sache zu tun gehabt. Der in Bremen lebende Edward O. sagte, er habe an dem Tag, an dem er festgenommen worden war, nur einigen Landsleuten einen Gefallen tun wollen. Er habe drei Männer, von denen er nur die Vornamen kenne, mit seinem Auto nach Habenhausen gebracht und sei zwei Stunden später mit der Flasche wiedergekommen. Dabei habe er keine Ahnung gehabt, worum es eigentlich ging. Nebo O., der zweite Angeklagte, gab an, er habe an dem fraglichen Tag in dem Schnellrestaurant gefrühstückt. Drei Landsleute seien zu ihm an den Tisch getreten und hätten ihn um einen kleinen Gefallen gebeten. Er sei bereitwillig zu einem schwarzen Auto gegangen und habe dessen Insassen gesagt, daß in dem Schnellrestaurant drei Männer auf sie warten würden. Beim Restaurant angelangt, gaben sich die Autoinsassen als Polizisten zu erkennen und nahmen die beiden Angeklagten fest. Die drei Männer, die Edward O. zu dem Restaurant gefahren haben soll und die Nebo O. angesprochen haben sollen, waren zu dem Zeitpunkt nicht mehr da.

Richter und Staatsanwalt zeigten sich ungläubig ob der völligen Ahnungslosigkeit der Angeklagten. Um den wahren Sachverhalt aufzuklären, müßten wohl noch alle Zeugen gehört werden, so der Staatsanwalt. Es bestehe sogar die Möglichkeit, daß selbst der Geschädigte aus Israel noch eingeflogen werden müßte. Fortsetzung folgt. kade

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