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■ VorschlagMit Preisen überhäuft: „50 Jahre Filmhochschule Lodz“

Die Filmhochschule in Lodz ist von allen derartigen Ausbildungsstätten wohl die interessanteste. Dort war die „Avantgarde des polnischen kulturellen Lebens“ zu Hause, auch der polnische Jazz entstand dort. Im westlichen Ausland wurden die Filme aus Lodz mit Preisen überhäuft. Nicht nur studierten dort Andrzej Wajda, Jerzy Lipman, Roman Polanski, Krzysztof Kieslowski, Marek Piwowski und viele andere. Auch die Hochschul-Geschichte von Lodz ist abenteuerlich. 1947 gab es einen einzigen polnischen Filmer, der sich gegen den Sozialismus aussprach, zur Strafe durfte er keine Filme mehr drehen und wurde zum Gründungsrektor gemacht.

Zum „geistigen Vater“ entwickelte sich in Lodz Jerzy Toeplitz, der 1957 Rektor wurde. Im Zusammenhang der antisemitischen Säuberungen 1968 emigrierte er nach Australien. Im selben Jahr riß man die Grundstücksmauer um die ehemalige Villa eines Baumwoll-Tycoons, in der die Hochschule bis heute untergebracht ist, ein – um einen direkteren Kontakt zur arbeitenden Bevölkerung herzustellen. Die filmischen Anfänge der Hochschule waren „neorealistisch“, nach Stalins Tod wurde es lustiger (etwa mit Polanski), aber daneben wurden auch mehr und mehr harte, geradezu unproletarisch-deprimierende Sozial-Dokus gedreht. Berühmt wurde dafür Piwowski, der bis heute böse Filme macht – wenn auch immer fiktivere. Sein letztjähriger TV-Beitrag über den mit Polens Nato-Beitritt überholten Marschschritt des Militärs begeisterte das Filmfestivalpublikum in Lagow. Und seine 1970 mit Laien gedrehte Komödie „Rejs“ (Die Dampferfahrt) ist noch heute ein Kultfilm. Schon damals wurde er von der polnischen Kritik, die gleichwohl sein Verbot nicht verhindern konnte, als „philosophisches Traktat“ gefeiert. Das schwungvolle polnische Kulturinstitut zeigt diesen und andere Filme von Piwowski, der selbst anwesend ist, zusammen mit einer Reihe von Kurzfilmen aus der Filmhochschule – von den Anfängen (Wajda, Polanski, Zanussi, Kieslowski) bis jetzt (Urbanski, Guzinski, Szumowska u.a.). Helmut Höge

Heute und morgen um jeweils 20 Uhr: „50 Jahre Filmhochschule Lodz“ im polnischen Kulturinstitut, Karl-Liebknecht-Str. 7

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