: Brandstifter-Urteil
■ Lübecker Gericht zieht Bilanz im Prozeß um Brandstiftung an der Vicelin-Kirche
Eine vorläufige Bilanz im Prozeß um den Brand in der Lübecker St. Vicelinkirche zog gestern das Lübecker Landgericht. Danach könnte der angeklagte 20 Jahre alte Gärtnerlehrling als Täter verurteilt werden. Er soll am 25. Mai 1997 die katholische St. Vicelinkirche in einem Lübecker Vorort mit Signalmuniton in Brand geschossen und mit ausländerfeindlichen Parolen beschmiert haben. Gegen zwei mutmaßliche Mittäter, darunter den Bruder des Angeklagten, wird gesondert ermittelt.
Der Anklagepunkt der schweren Brandstiftung könnte sich jedoch schwer nachweisen lassen, erklärte der Vorsitzende der Jugendstrafkammer des Lübecker Landgerichts, Rolf Wilcken. Als „Gedankenmodell“nannte Wilcken eine Verurteilung wegen „einfacher“Brandstiftung. Dafür könnte möglicherweise eine Bewährungsstrafe verhängt werden, die sich im Rahmen der bereits verbüßten Untersuchungshaft bewege. Wilcken hatte bereits im Verfahren um das Feuer in der Flüchtlingsunterkunft in der Lübecker Hafenstraße mit einer vorläufigen Bewertung für Aufsehen gesorgt.
Nach dieser vorläufigen Bewertung des Gerichts erscheine eine Verurteilung des Angeklagten wahrscheinlicher als ein Freispruch, erklärte Staatsanwalt Axel Bieler gestern.
Der Gärtnerlehrling war am 13. Juni 1997, rund sechs Wochen nach dem Brand, verhaftet worden. Seither ist er in Untersuchungshaft. Am 9. März hatte die Jugendstrafkammer den Haftbefehl auf Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung aufgehoben, weil sie keine Verdunklungsgefahr mehr sah. Diese Entscheidung hatte jedoch das Oberlandesgericht aufgehoben.
Vor Gericht hat der Angeklagte bislang die Aussage verweigert. Ein früheres Geständnis, das er nach seiner Verhaftung gegenüber der Polizei abgelegt hatte, hat er vor Prozeßbeginn widerrufen. lno/taz
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