: Mit Gottes Hilfe – CDU setzt auf Hoffnung
Wenig Neues und einige ungedeckte Schecks – mit Zuversicht und Aktionismus will die CDU in der Hauptstadt aus dem Stimmungstief klettern und sich für den anstehenden Bundestagswahlkampf fit machen ■ Von Barbara Junge
Die CDU will in die Offensive – dringend und mit allen Mitteln. Denn nach dem bundesweiten Sturzflug der Union warten die MeinungsforscherInnen von Forsa jetzt auch für die Berliner CDU mit einem Abwärtstrend auf. Während sich die SPD auf 31 Prozent steigern konnte, kann die CDU nur noch 26 Prozent der WählerInnengunst bei sich verorten. Da hilft nur noch eines, muß sich der neue CDU-Landesvorstand gesagt haben: Hoffnung verbreiten und Aktionismus an den Tag legen.
„Wir wollen alle fröhlich sein, dieses Lied haben wir beim Gottesdienst am Sonntag gesungen“; mit dieser Botschaft faßte Volker Liepelt, der neue CDU-Generalsekretär, gestern treffend den Kern der CDU-Klausurtagung vom Wochenende zusammen. Jetzt sei man „zuversichtlich“ und im „Kampfesgeist gestärkt“. Der 21köpfige Vorstand der Union hatte sich mit den Bundestagsabgeordneten und den Bundestagskandidaten zusammengesetzt, um die politischen Leitlinien für die Zeit bis zur Bundestagswahl festzuzurren. Denn, wie Volker Liepelt gestern feststellte: „Die Wahl ist für Berlin, für Deutschland eine Richtungsentscheidung. Gerade aus Berlin wäre eine linke Mehrheit ein falsches Signal.“
Häppchenweise verkündete die CDU in den vergangenen Tagen deshalb weitgreifende politische Botschaften. Erst informierte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen per Interview über ein Fünf-Punkte-Programm zur Sozialstruktur der Innenstadt. Dann präsentierten die CDUler noch vor ihrer Klausursitzung ihre Vorschläge zur Arbeitsmarktlage. Und schließlich erläuterte Liepelt gestern, was die Berliner CDU für den erhofften Stimmungsumschwung bis zur Wahl tun will: Die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und die Stabilisierung der Wirtschaft, die Garantie der Inneren Sicherheit, eine wertorientierte Bildungspolitik und die Verbesserung der Lage im sozialen Wohnungsbau.
Mit einem 400-Millionen-Programm strebt die CDU die Reduzierung der Arbeitslosigkeit in der Stadt an. Etwa 5.500 Arbeitsplätze sollen unter anderem durch zusätzliche Beschäftigungsförderungsprogramme und sogenannte „auftragswirksame Maßnahmen für die mittelständische Bauwirtschaft“ geschaffen werden. Dazu gehören nach Unionsvorstellungen zusätzliche Investitionen für den Straßenbau, für bauliche Unterhaltung und die Modernisierung und Sanierung von Sporthallen, Heizungsanlagen in Theatern, Krankenhäusern und Universitäten.
Das Geld, mit dem die CDU ihr Prinzip Hoffnung aufbauen will, soll aus dem Landeshaushalt kommen. Generalsekretär Liepelt sagte gestern, dieses Programm sei „sofort aus dem Haushalt finanzierbar“. Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) brauchte einfach nur anstehende Grundstücksverkäufe tätigen. Anderenfalls so Liepelt, „müssen eben die Eckwerte des Haushalts verändert werden“; also eine Erhöhung der vereinbarten Neuverschuldung der Landeskasse. Schon jetzt hat allerdings der Koalitionspartner SPD signalisiert: keine zusätzliche Verschuldung. Der SPD-Vorsitzende Detlef Dzembritzki sagte gestern: „Mir ist im Augenblick ein Rätsel, wo die 400 Millionen Mark aus dem Haushalt zusätzlich herkommen sollen.“ Der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf bezeichnete das Programm als „populistische Schaumschlägerei“.
Um ein „soziales Umkippen“ bestimmter Wohnquartiere in der Stadt zu verhindern, forderte der CDU-Landesvorstand gestern die Einberufung des Koalitionsausschusses. „Sozialen Ghettos“ will man mit der Aufhebung der Fehlbelegungsabgabe entgegenwirken, eine Forderung, die die Finanzsenatorin ablehnt. Im Bereich Innere Sicherheit gab es bereits bekannte Positionen: So soll die Fraktion im Abgeordnetenhaus die Videoüberwachung öffentlicher Plätze und verdachtsunabhängige Kontrollen verabschiedungsreif vorbereiten – beides Themen, bei denen der Streit mit der SPD seit Monaten währt. Darüber hinaus wies Volker Liepelt gestern darauf hin, daß sich die CDU „gegen jede Form der Liberalisierung in der Drogenpolitik wendet“ und Druckräume ablehnt. Mit „Null- Toleranz gegen Verwahrlosung“ will man außerdem der New Yorker Polizei nacheifern. In der Bildungspolitik dringt die Union auf die Einführung von Eignungsprüfungen an Gymnasien und auf das Abitur in zwölf Schuljahren.
Eines ist bei all den Beschlüssen sicher: Von Bonn wollen sich die Berliner ChristdemokratInnen ihren Stimmungsaufschwung nicht mehr verderben lassen. Liepelt sagte gestern: „Jetzt muß mal jeder auf der Bonner Ebene den Mund halten und sich auf das Wahlziel konzentrieren.“
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