■ Kommentar: Notizen aus der Provinz
Mit Konzepten der Vergangenheit die Probleme der Gegenwart meistern! Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen fordert Ausländerquoten in Schulklassen, und der SPD- Fraktionsvorsitzende Klaus Böger würde gerne Ausländerklassen einführen. Diesen Notizen aus der Provinz könnte mit entsprechend gutem Willen durchaus etwas Positives abgewonnen werden. Stünde denn hinter den Überlegungen die Einsicht, daß das kollektive Versagen der Schüler mit nichtdeutscher Herkunftssprache ein Skandal ist, dem schnellstens entgegenzuwirken ist. Tatsächlich sind sich die Experten längst einig, daß nur eine Bildungsoffensive im Interesse dieser Kinder eine drohende soziale Zeitbombe entschärfen kann. Was massenhafter schulischer Mißerfolg, der sich zudem entlang ethnischer Grenzen verdichtet, in einer postmodernen Gesellschaft, die den flexiblen, sprachkompetenten Arbeitnehmer erfordert, bedeutet, ist bekannt. Deshalb haben Organisationen wie der Türkische Bund oder die GEW seit Jahren Konzepte in ihren Schubladen liegen, wie diesem Mißstand an den Berliner Schulen durch entsprechende Fördermaßnahmen und Umstrukturierung des Unterrichts entgegengewirkt werden könnte. Allein es fehlt am politischen Willen, diese auch umzusetzen. Daran wird auch die derzeitige „bildungspolitische“ Debatte wenig ändern. Denn sie hat nicht das Wohl der „ausländischen“ Kinder im Blickfeld, sondern ist Teil der Strategie, soziale Probleme, die sich in den innerstädtischen Bezirken konzentrieren, in ein Ausländerproblem umzudefinieren, das mit dieser Gesellschaft vermeintlich nur mittelbar zu tun hat. Eberhard Seidel-Pielen Bericht Seite 22
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