„Kluge Ideen bleiben in der Schublade“

■ Industriedesigner Walter Heidenfels will Ökosteuern, um energiesparende Produkte zu entwickeln

taz: Sie arbeiten täglich am Design neuer Produkte, die die Industrie auf den Markt bringen will. Trotzdem treten Sie für eine Einschränkung Ihrer gestalterischen Freiheit ein: Sie wollen eine Ökosteuer. Warum?

Walter Heidenfels: Vorgaben kriege ich ohnehin genug. Unternehmer und Marketingexperten geben genau vor, was das Produkt können muß, für welche Zielgruppe es gedacht ist und wie es sich von Konkurrenzprodukten unterscheiden soll. Und daß es natürlich, wie immer, leistungsfähiger, kompakter und preiswerter sein muß als sein Vorgänger. Nur eine Vorgabe habe ich in meinen knapp zehn Jahren Berufspraxis nie gehört: ,Machen Sie das Produkt in Herstellung und Gebrauch möglichst energiesparend und ressourcenschonend.‘ Statt dessen heißt es: ,Sparen Sie Montageschritte ein‘ oder ,das Produkt muß in einem Niedriglohnland herstellbar sein‘. Damit ist klar, was diese Produktentwicklung zur Folge haben wird: neue Entlassungen.

Wollen die Unternehmer denn keine energiesparenden Geräte?

Damit wir uns nicht mißverstehen: Meine Auftraggeber hindern mich keineswegs daran, solche Vorschläge zu entwickeln. Aber sie fordern mich eben nicht dazu auf. Und so wie mir geht es ganzen Heerscharen von Entwicklern und Designern. Das ist die Crux niedriger Energiepreise und hoher Lohnnebenkosten.

Aber warum entwickeln Sie dann nicht mal was auf eigene Faust?

Das Problem ist, wenn ich Energie- und Rohstoffeinsparungen vorschlage, dürfen die in keiner Weise mit zusätzlichen Montagehandgriffen erkauft werden. Ich kann dies meinen Auftraggebern nicht einmal verübeln. Betriebswirtschaftlich betrachtet, verhalten sie sich vernünftig. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der Direktor des Wuppertal-Instituts, sagte einmal, daß die gegenwärtigen Energiepreise eine Beleidigung für die Intelligenz der Ingenieure wären. Dies kann ich aus der Praxis nur bestätigen. Wie viele kluge Ideen bleiben einfach in der Schublade liegen, nur weil sie sich erst bei einem höheren Energiepreis rentieren würden? Ideen, die dieser Wirtschaft neue Impulse verleihen könnten.

Ist denn schon einmal eine umweltfreundliche Idee von Ihnen abgelehnt worden?

Vor einiger Zeit schlug ich beispielsweise einem Unternehmer vor, den Staubsauger, den er bislang in Styroporschalen vor Transportschäden bewahrt, in einer Falt- Pappkonstruktion zu verpacken, die den gleichen Zweck erfüllt. Er überlegte kurz und sagte: ,Für das Falten müßte ich eine Halbtagskraft zusätzlich einstellen. Das mache ich erst dann, wenn es der Gesetzgeber oder eine große Handelskette von mir verlangt.‘ Dieser Mann hat eigentlich recht, denn sein Wettbewerber, der weiter in Styropor verpackt, kann billiger verkaufen.

Aber es gibt doch immer wieder auch Produkte, die weniger Energie und Ressourcen verbrauchen. Auch ohne Ökosteuer.

Vorausgesetzt, die Produkte sind nicht wesentlich teurer als die vom Wettbewerber und erfüllen denselben Nutzen. Oder wenn Energiesparen zum Werbeargument wird, zum Beispiel bei Waschmaschinen. Es gibt auch reine Nischenprodukte, die sich speziell an umweltbewußte Verbraucher wenden. Sie alle sind wichtig, aber als Impuls für eine ganze Wirtschaft reichen sie nicht aus.

Viele Ökosteuer-Gegner sagen, mehr gesetzliche Vorgaben würden Innovationen behindern.

Das widerspricht meiner Erfahrung aus der Praxis. Eher ist das Gegenteil der Fall: Fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen behindern oft die Innovation. Weil sie die ,Hockenbleiber‘ unter den Unternehmern begünstigen. Interview: Matthias Urbach