Haustarif für Siemens

■ Management stimmt neuem Tarif zu. Sozial-Kahlschlag weitgehend verhindert

450 Beschäftigte in den Hamburger Siemens-Tochterunternehmen können aufatmen. Die Münchner Konzernzentrale akzeptierte jetzt einen Haustarifvertrag über Ausgliederung, Arbeitsplatz- und Besitzstandssicherung auf der Basis des bayerischen Flächentarifvertrags für die Elektroindustrie. „Die Bruttolöhne und Endgehälter sind gesichert“, sagte gestern Hamburgs Betriebsratschefin Birgit Steinborn. Zudem versicherte der Konzern, in Outsourcing-Betrieben keine Kündigungen vorzunehmen – oder zumindest einen Sozialplan abzuschließen. Den MitarbeiterInnen werde überdies die Siemens-Altersversorgung zugesichert.

Gleichzeitig müssen die Nord-Belegschaften bei diesem Kompromiß zwischen Management und IG Metall zwei Kröten schlucken. Die wöchentliche Arbeitszeit steigt von 35 auf 35,8 Stunden – oder rein rechnerisch auf 36,9 Stunden, falls im Jahr nicht 50 Arbeitsstunden für Qualifizierungsmaßnahmen genutzt werden. „Diese Arbeitszeit muß auf jeden Fall abgeleistet werden,“so Steinborn. Zudem werden Urlaubsgeld und 13. Monatsgehalt stufenweise bis zum Jahr 2000 gekürzt.

Für Birgit Steinborn sind die Ergebnisse des hausinternen Tarifpokers dennoch akzeptabel. „Das ist zwar kein Grund zum Jubeln, aber auch keine Niederlage“, meinte die Hamburger Vertreterin in der Verhandlungskommission der IG Metall.

Die Konzernzentrale hatte zu Jahresbeginn die Ausgründung ganzer Konzern-Bereiche (Gebäudetechnik, Kommunikationssysteme) beschlossen. In den neuen GmbHs sollte fortan nicht mehr der Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie, sondern vielmehr die schlechteren Normen des Elektrohandwerks gelten, in dem 20 Prozent weniger Gehalt und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgeschrieben sind.

Doch überraschend bäumten sich die sonst eher zahmen Siemens-Metaller auf. Allein in Hamburg demonstrierten 850 der 2.500 Siemens-MitarbeiterInnen. Der Elektrokonzern fürchtete Imageverluste und machte Zugeständnisse. „Ohne die positive Resonanz in den Medien wären wir noch nicht zu einem Ergebnis gekommen“, meint IG Metall-Vertrauensleutesprecher Rüdiger Skrobarzyk. Und Steinborn ergänzt: „Der Einsatz hat sich gelohnt.“ kva