: Jahr-2000-Fehler trifft auch Microsoft
■ Ein Drittel der von Nutzern angepaßten Programme gefährdet
Berlin (taz) – Millionen Nutzer der Software aus Seattle könnten ihr blaues Wunder erleben: Die PC-Programme von Microsoft sind viel anfälliger für den berüchtigten Jahr-2000-Computerfehler, als der Konzern bisher eingeräumt hat. Laut einem Report der amerikanischen Marktforschungsgesellschaft Giga Information Group wird ein Drittel aller PC-Programme den 1. Januar 2000 nicht unbeschadet überstehen.
Es stimme zwar, daß Microsofts Programme bis auf ältere Versionen wie Windows 5.0 oder Access 2.0 im wesentlichen Jahr-2000-fähig seien. Doch die Jahr-2000-Garantie gelte ausschließlich für die Software, die unmittelbar aus dem Haus von Bill Gates kommt. „Die Datumsbombe steckt in jedem Microsoft-Programm, das vom Anwender nicht von der Stange genutzt, sondern an seinen spezifischen Bedarf angepaßt wurde“, sagt Stephanie Moore, Giga-Analystin und Autorin des Reports.
Der Jahr-2000-Fehler besteht darin, daß Jahreszahlen bis vor wenigen Jahren in Computerprogrammen mit nur zwei und nicht vier Stellen dargestellt wurden. Damit wollte man früher teuren Speicherplatz sparen. Statt 1998 heißt es dann 98. Bei der Jahreszahl 2000 ist der Schlamassel da: Der Computer liest nur 00 und interpretiert dies als 1900. Folge: Excel-Tabellen berechnen verkehrte Werte für Fristen, Datenbanken sortieren Kundendaten falsch.
Wenn nun Programmierer Microsoft-Software, die eigentlich vierstellige Jahreszahlen verwenden, umschreiben und dabei zweistellige Jahreszahlen einbauen, könne der Fehler auftreten. Daß diese Möglichkeit besteht, habe Microsoft lange Zeit nicht klar herausgestellt, schreibt Moore.
Microsoft reagiert bislang undurchsichtig. Bei Microsoft Deutschland wollte niemand zum Giga-Report Stellung nehmen. Jahr-2000-Projektleiter Jason Matusow erklärte hingegen in Seattle, der „Millennium Bug“ betreffe nur ein Dutzend Programme. Andererseits hat der Konzern Mitte März seinen Kundensupport zum Jahr-2000-Fehler ausgedehnt – nach Ansicht von Stephanie Moore ein Eingeständnis, das Problem unterschätzt zu haben.
In einigen Ländern müssen Unternehmen bestimmter Branchen – wie Telekommunikation und Medizintechnik – bis zum Juni 1998 die Jahr-2000-Fähigkeit ihrer Software nachweisen. Die Umstellung ist aber so zeitaufwendig, daß etwa 20 Prozent der betroffenen Firmen es nicht mehr schafften, schätzt Moore. Niels Boeing
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