: Koalokrise in Harburg
■ Neuwahl des Bezirksamtsleiters stellt Rot-Grün in Süderelbe vor Zerreißprobe
„Die SPD in Harburg ist in einer Krise wie seit Jahren nicht mehr.“Diese Erkenntnis stammt von SPD-Kreischef Harald Muras höchstselbst. Ursache ist ein handfester innerparteilicher Streit um den neuen Harburger Bezirksamtsleiter, der am 28. April gewählt werden soll. Gleich zwei Sozis bewerben sich um den Posten.
Der eine heißt Bernhard Hellriegel, ist Verwaltungsdezernent und sitzt seit 16 Monaten kommissarisch auf dem Chefsessel. Die Grünen, Koalitionspartner der SPD, wollen ihn wählen, selbst die oppositionelle CDU würde ihn „mittragen“. Der andere Kandidat ist der Ex-Bürgerschaftsabgeordnete Joachim Meissner, heute an der Bundeswehr-Hochschule in Wandsbek tätig. Weder GAL noch CDU halten ihn für „überzeugend“. Doch Meissner hat die, wenn auch nur „hauchdünne“, Mehrheit von SPD-Kreis und -Fraktion. „Es kommt darauf an, wie man den Posten des Bezirksamtsleiters begreift, was nicht heißt, daß Herr Hellriegel unpolitisch sei“, windet sich Muras zu begründen, weshalb seine Partei ohne Not eine Koalitionskrise provoziert.
Derweil geht GAL-Fraktionsgeschäftsführer Dirk Mecklenburg davon aus, daß sich Rot-Grün Harburg heute abend im Koalitionsausschuß auf Hellriegel einigt. Denn einen Bruch, „wir haben im Herbst Bundestagswahl“, will sich auch Muras nicht leisten. Deshalb wollte er, der zuvor „in der Geheimabstimmung noch für Meissner war“, gestern abend nach Redaktionsschluß den Kreisvorstand drängen, „Hellriegel zu nominieren“. Sollte er dazu weder hier noch am Freitag bei der Kreisdelegiertenversammlung Zustimmung finden, „trete ich als Kreisvorsitzender zurück“.
Mitstreiter Meissner sieht sich derweil als Opfer von SPD-Parteikollegen, „die im Hauptfach Mobbing studiert haben“. Als „friedensstiftende Lösung“schlug er gestern vor, seine Kandidatur zurückzuziehen, falls Konkurrent Hellriegel es ihm gleichtue. Spöttisches Gelächter löste dieses Ansinnen bei CDU-Fraktionschef Thomas Schneider aus: „Trotzreaktionen wie bei Kindern.“ Heike Haarhoff
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