EU-Staaten kneifen beim Klimaschutz

■ Mindestens fünf Mitgliedsländer wollen weniger Klimaschutz betreiben, als sie der EU schon zugesagt hatten. Der Gemeinschaft droht eine Blamage: Bleibt es dabei, kann sie die Zusagen vom Klimagipfel in Kioto nicht einhalten

Berlin (taz) – Gestern nickte das Bundeskabinett den Antrag von Umweltministerin Angela Merkel ab, das Klimaschutz- Protokoll von Kioto zu unterzeichnen. Bahn frei also für den Klimaschutz? Keineswegs, denn ihr britischer Amtskollege Michael Meacher hat große Probleme, die Voraussetzung dafür zu schaffen, daß die EU-Staaten das Protokoll überhaupt ratifizieren können. Mindestens fünf Mitgliedsländer sind nicht mehr bereit, ihre der EU im März 1997 gegebenen Zusagen zum Klimaschutz einzuhalten. Die EU muß jedoch ihre Verpflichtungen aus dem Kioto-Protokoll gemeinsam erfüllen.

Angeführt von Holland, das nur noch halb soviel Treibhausgase einsparen will wie zugesagt, haben Finnland, Frankreich, Belgien und Italien dem britischen Ratsvorsitzenden intern klargemacht, daß sie ihren Ausstoß deutlich weniger senken wollen. In Einzelgesprächen versucht Meacher nun, den seit Wochen tobenden Streit zu schlichten. Mittlerweile sind auch Dänemark, Österreich und Deutschland verärgert, die Länder, die bisher die Hauptlast der Reduzierung in der EU tragen müssen. Österreichs Umweltminister bestätigte vorgestern, daß auch Österreich nun eine Erleichterung wünsche, und sprach von „substantiellen Problemen“ bei den Verhandlungen. Deutschland drohte Insidern zufolge damit, einen Teil seiner Einsparungen nicht mehr in die EU- Verpflichtung einbringen zu wollen.

Vom Vorschlag der EU-Kommission, freiwillig mehr Treibhausgase einzusparen als vom Klima-Protokoll verlangt, redet niemand mehr. Matthias Urbach

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 12