: Energiesparendes Pärchen
■ Oldenburg beherbergt das erste Passivhaus Deutschlands/ Konkurrenzloser Energieverbrauch/In Kombination mit Nachbarhaus weist es vorbildliche Ökobilanz auf
In Oldenburg ist jetzt das erste als Passivhaus betriebene Bürogebäude in Deutschland fertiggestellt worden. Es beherbergt das soeben gegründete „Oldenburger Energiekontor“, das drei Unternehmen im Bereich Gebäudetechnik unter einem Dach vereint. Durch eine extrem gut gedämmte und winddichte Gebäudehülle und den Einsatz modernster Gebäudetechnik verbraucht das Gebäude in der Dragonerstraße jährlich lediglich etwa 14 KWh Heizenergie je qm und unterschreitet damit die ab 1999 einheitlich gültigen Anforderungen des Niedrigenergiehaus-Standards um ein Vielfaches.
Noch bis Mitte der 90er Jahre produzierte an gleicher Stelle die 1877 gegründete Glasformenfabrik Beyer. Nach der Schließung des Werkes vor drei Jahren wurden die alten Hallen abgerissen, um Platz für einen Wohnpark mit Mehrfamilienhäusern zu schaffen.
Übriggeblieben vom alten Glanz war einzig das ehemalige Verwaltungsgebäude der Glasformenfabrik, das vor zwei Jahren unter anderem vom Oldenburger Architekturbüro Team 3 erworben wurde, um dort selbst mit einem Büro einzuziehen. Die beiden InhaberInnen Rita Fredeweß und Ulf Brannies, die sich auf das ökologische und energiesparende Bauen sowie die Altbausanierung spezialisiert haben, konnten das historische Gebäude unter Beibehaltung der alten Baustruktur energetisch so modernisieren, daß es inzwischen die Energiebilanz eines Niedrigenergiehauses erreicht.
Im Zentrum des Interesses aber steht mittlerweile das nach einjähriger Bauzeit jetzt der Öffentlichkeit vorgestellte Gebäude nebenan: Das bundesweit erste Passivhaus-Betriebsgebäude. Der vom Team 3 in Zusammenarbeit mit Hartmut Beckmann, dem Geschäftsführer der im Passivhaus residierenden Beckmann Solartechnik konzipierte Neubau schließt sich schon beim ersten Blick sensibel an den sanierten Altbau an: Die großzügige Verwendung von Glas, die in gewisser Weise als modernes Zitat an die alte Glasformenfabrik dient, die Farbwahl oder der auffällige Einsatz von Edelstahlprofilen verbindet beide Gebäude sinnfällig miteinander.
Über ästhetische Gemeinsamkeiten hinaus sind beide Gebäude aber auch in energetischer Hinsicht miteinander verbunden. Eine unterirdische Leitung sorgt dafür, daß neben Regenwasser auch Heizenergie und Warmwasser zwischen den Gebäuden fließen kann. So kann an den wenigen Tagen im Winter, an denen das Oldenburger Energiekontor auf zusätzliche Heizenergie angewiesen ist, auf Wärme vom modulierenden Brennwertkessel des Nachbarhauses zurückgegriffen werden. Ansonsten aber braucht das Energiekontor keine Heizung. Im Gegenteil: Im Sommer und in den Übergangszeiten werden den Nachbarn solare Überschüsse in Form von Warmwasser und Heizwärme zurückgeliefert.
Neben einer hochwirksamen Dämmung und einer extrem winddichten Gebäudehülle besteht das Haustechnikkonzept des Energiekontors ausschließlich aus Komponenten, die vom Kontor selbst vertrieben werden. Wichtiges Element ist dabei der Einbau einer kontrollierten Be- und Entlüftung mit integrierter Wärmerückgewinnung, die durch einen weltweit einmaligenWirkungsgrad von 90 % die Lüftungsverluste drastisch reduziert. Um die Effizienz der Anlage zu verbessern, wurde in zwei Meter Tiefe ein Erdwärmetauscher eingebaut, sodaß auch im Winter kostenlos auf etwa 7-10 Celsius vorgewärmte Luft zurückgegriffen werden kann.
Zur aktiven Nutzung von Solarenergie für die Warmwasserbereitung und zur Heizungsunterstützung wurde auf der nach Südwesten geneigten Dachfläche des neuen Gebäudes ein Flachkollektor installiert, mit dem der gesamte Warmwasserbedarf beider Häuser gedeckt werden kann. Durch das sogenannte „Low Flow“-System steht das erhitzte Wasser energiesparend zur sofortigen Nutzung bereit, ohne daß erst der gesamte Speicher erwärmt werden müßte.
Um Trinkwasser einzusparen, hat das Oldenburger Energiekontor außerdem eine Regenwasseranlage, die das Ablaufwasser beider Gebäude in einem 6.500 Liter fassenden Regenwassertank aus Beton sammelt. Die Anlage versorgt die Toiletten, Waschmaschinen und Außenzapfstellen beider Gebäude mit gefiltertem Regenwasser. Als weitere ökologische Komponente wurde als Ausgleich für die mit gebrauchten Pflastersteinen versiegelte Fläche auf dem Hof außerdem eine Dachbegrünung auf der Garage angelegt.
Robert Uhde
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