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Ordentliche Menschen

■ betr.: Die RAF-Sondergesetze sind fällig“, „RAF erklärt sich zur Geschichte“, „Warum wir auf hören“, „Ein Phantom gibt auf“ von Wolfgang Kraushaar, taz vom 22. 4. 98

[...] Wen interessiert schon ein dezidierte linke Kritik der RAF- Programmatik, wenn es Kraushaar und anderen eben nur darum geht, eines – und hier steht die RAF nur stellvertretend am linksdemokratischen Pranger – klarzustellen: Wer es wagt den demokratischen Kapitalismus (als hätte das eine nichts mit dem anderen zu tun, als wäre das eine ohne das andere überhaupt denkbar), inzwischen allseits akzeptiertes und als einzig senkrechtes Menschheitsbeglückungsprogramm anerkannt, radikal in Frage zu stellen (auch wenn nur fälschlicherweise), gehört abgestraft und in die Ecke der Spielverderber gestellt. Natürlich mit Zustimmung der linken Liebhaber von Freiheit und Demokratie. Michael Holleschowsky,

Darmstadt

Wolfgang Kraushaar bewegt sich mit seinen Ansichten und seinem (Un-)Wissen mitten im Diskurs der herrschenden Öffentlichkeit, und ich frage mich, ob er mehr Verführer oder Verführter ist. Nur ein Beispiel: Die von ihm als „infantil“ bezeichnete „Trotzreaktion“ der Baader-Befreiung wird von der Gruppe, i.e. Ulrike Meinhof, in einer Erklärung im nachhinein in dieser Form als Fehler bekannt und angeführt.

Die von Wolfgang Kraushaar beschworene Kontinuität des abgehobenen Blutrausches ist eher bei den RAF-Verfolgern von Politik über Polizei und Justiz bis zu jener herrschenden Öffentlichkeit zu finden. Auch bei Wolfgang Kraushaar? Boris Jarosch, Hannover

Die Selbstmorde von Ensslin, Bader und Raspe in Stammheim sind eben nicht bewiesen, deshalb bitte ich euch dringend, diese Behauptung nicht immer wieder als Tatsache darzustellen.

Ohne alte Fronten immer und immer wieder aufmachen zu wollen, halte ich es für nötig immer wieder darauf hinzuweisen, daß in diesem Zusammenhang von Staats wegen Recht gebeugt und Vorkommnisse vertuscht wurden. Die Aussage, daß die drei ermordet wurden ist genauso wahr oder unwahr wie die Geschichte vom Selbstmord. Erklärt mir doch bitte mal, aus welchem Grund ihr die staatliche Leseart benutzt. Vielleicht bin ich doof, und ihr habt einen tollen Grund diese Behauptung aufrechtzuerhalten. Gabriele Rösing, München

[...] So sind sie nun einmal die ordentlichen Menschen. Sie beenden auch gescheiterte Projekte korrekt, wie sich das gehört.

„Der ordentlichste Mensch, den ich im Leben kennengelernt hab', war einer namens Schiefinger im Lager Dachau, ein SS-Mann... Wenn er uns mit der Lederpeitsch geprügelt hat, ist er so gewissenhaft vorgegangen, daß die Striemen, die er verursacht hat, ein Muster ergeben haben, das jeder Untersuchung mit'm Millimetermaß hätt standhalten können. Der Ordnungssinn ist so in ihm dringesteckt, daß er lieber nicht geprügelt hätt, als unordentlich.“ (Brecht, Flüchtlingsgespräche) Karl-Heinz List, Reinbek

Da fällt mir nur ein: Die RAF teilt mit aller Deutschlichkeit mit, man möge sie aus dem Vereinsregister streichen... Ulrich Ch. Blortz, Köln

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