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Das Urteil des Gerichtshofes hat viele Feinheiten

■ Zahnersatz im Ausland: Wer bessert zu Hause nach, wenn die Krone nicht paßt?

Berlin (taz) – Der neue Slogan könnte heißen: „Kronen unter Palmen. Die AOK zahlt“. Wer sich Zahnkronen oder Prothesen in Spanien fertigen läßt, kann die Rechnung bei seiner deutschen Krankenkasse einreichen – das ist die Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes.

Eigentlich könnten die Krankenkassen mit dem Urteil gut leben. Seit Jahresanfang zahlen sie ohnehin nur noch feste Zuschüsse zum Zahnersatz – ganz gleich, ob er in Deutschland oder im Ausland eingesetzt wird. Der Haken liegt aber im Detail. Was, wenn der spanische Zahnarzt die Krone nicht richtig eingeschliffen hat? Für hiesige Zahnärzte ist die Antwort klar. „Der Zahnarzt in Deutschland ist dann nur verpflichtet, den Patienten schmerzfrei zu machen“, sagt Christof Schumacher von der Bundeszahnärztekammer in Köln. Fremde, fehlerhafte Kronen müsse er nicht nachbessern. Verlange der Patient eine Neuanfertigung, müsse er die Kosten privat tragen.

Diese Position können die Kassen nicht einnehmen. Im Prinzip gilt zwar auch bei in Belgien, Spanien oder Irland gefertigtem Zahnersatz, daß der Hersteller die Pflicht zur Nachbesserung hat. Können die Kassen aber den Patienten auch verpflichten, auf eigene Kosten noch einmal nach Mallorca zu fliegen, damit die Krone nachgeschliffen wird? Bislang gilt der Grundsatz, daß die Kasse immer zahlt, ganz gleich, weswegen die Behandlung nötig wird. „Unser Gesundheitssystem, so wie es momentan definiert ist, paßt nicht zu diesem Urteil“, sagte eine AOK- Sprecherin aus Hamburg. Möglicherweise wird die neue Patienten- Freiheit die Kassen teuer zu stehen kommen. Im Bundesgesundheitsministerium scheint diese Frage noch gänzlich ungeklärt zu sein. „Auf die Feinheiten des Urteils können wir noch nicht reagieren“, meinte eine Sprecherin. roga

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