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Atemberaubend

■ Mitarbeiter der Ausländerbehörde wegen Bestechlichkeit verurteilt

Ein Beamter der Ausländerbehörde ist wegen Bestechlichkeit zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Für drei Jahre und sechs Monate muß Jürgen Sch. ins Gefängnis. Das Landgericht sprach ihn gestern schuldig, in seiner Dienststelle über vier Jahre hinweg Aufenthaltspapiere entwendet und verkauft zu haben.

Unter den MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde, gegen die wegen eines solchen Verdachts ermittelt wurde, ist Jürgen Sch. der dickste Fisch. 43 Fälle legte das Gericht ihm zur Last, dazu Diebstahl, Unterschlagung, Verwahrungsbruch sowie falsche Verdächtigung (taz berichtete mehrfach).

Ein erster Verdacht gegen Jürgen Sch. war bereits 1991 aufgekommen. Damals durchsuchte die Polizei sein Büro. Jürgen Sch. wurde an eine andere Behörde versetzt. Als die Ermittlungen ergebnislos eingestellt wurden, kehrte er an seinen alten Schreibtisch zurück – und zu seinen Machenschaften. Auch, nachdem im November 1994 zum zweiten Mal sein Büro und Privathaus durchsucht worden war. Richter Hans Runge schüttelt den Kopf: „Da stockt einem fast der Atem. Das ging fröhlich weiter.“Bis Juni 1995. Da flogen seine Machenschaften auf.

Um den Verdacht von sich selbst wegzulenken, schreckte Jürgen Sch. auch nicht davor zurück, einen unbescholtenen Kollegen zu denunzieren – eine Tat, die „besonders aus den übrigen Vorwürfen herausragt“, so Runge. Er versteckte geklaute Materialien in dessen Büro und gab dann dem Behördenleiter in einem anonymen Fax den Tip, den Raum zu durchsuchen. Besagter Kollege wurde entlassen und „leidet noch heute unter pyschischen und körperlichen Erkrankungen, deren Ansatz Sie gesetzt haben“, so das Gericht.

Wird das Urteil rechtskräftig, ist Jürgen Sch. seinen Beamtenstatus los – und damit auch seine regelmäßigen Bezüge. Die bekam er weiterhin, obwohl er bereits seit März 96 vom Dienst suspendiert ist und gegenüber der Polizei seine Taten gestanden hatte. Elke Spanner

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