„Ungünstiges Zeichen“

■ Aktivisten kritisieren „falsches Datum“ des Gelöbnisses: Tag des Lidice-Massakers

Aktivisten der tschechisch- deutschen Versöhnung üben scharfe Kritik am geplanten Bundeswehr-Gelöbnis am 10. Juni. Als „falsches Datum“ bezeichnet Frank Metzing, Historiker an der FU, diesen Tag. Denn vor 46 Jahren ermordeten SS und Gestapo 173 Männer des tschechischen Dorfes Lidice. Sie verschleppten Frauen und Kinder.

Problematisch findet Metzing vor allem, daß die Bundeswehr mit ihrem Gelöbnis eine verhängnisvolle Tradition feiere. Vorgängerin der Bundeswehr war die Wehrmacht. Deren Ersatzbataillon 480 – deutsche Soldaten – riegelte den Ort Lidice am 10. Juni 1942 ab, damit die BewohnerInnen nicht entkommen konnten. „Ohne die Wehrmacht hätte das Massaker nicht stattgefunden“, so Metzing. Er befürchtet, daß das Gelöbnis vor diesem Hintergrund „ein ungünstiges Zeichen“ in Richtung Tschechien gebe.

Auch Eckart Gillen, Organisator der vielbeachteten Kunstausstellung „Deutschlandbilder“, sieht das Gelöbnis am 10. Juni als „schlechtes Symbol“. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich speziell mit Lidice. „In welche Tradition stellt sich die Bundeswehr?“ fragt Gillen. Es sei „wünschenswert, das Gelöbnis zu verlegen“.

Auch Helmut Walz, Geschäftsführer des Reinickendorfer Arbeitskreises Politische Bildung, meint, die Bundeswehrveranstaltung „sollte überhaupt nicht stattfinden“, schon gar nicht am 10. Juni. Der Arbeitskreis hält Kontakt zu den überlebenden Frauen von Lidice und zur nach dem Krieg dort neu gebauten Gemeinde.

Lidice steht nicht für das einzige Massaker deutscher Soldaten an einem 10. Juni im Zweiten Weltkrieg. Am selben Tag des Jahres 1944 ermordete die SS-Panzerdivision „Das Reich“ 642 Zivilisten in dem französische Ort Oradour- sur-Glane. Ebenfalls am 10. Juni 1944 fielen Verbänden der Waffen-SS über 200 Zivilisten im griechischen Dorf Distomon zum Opfer – ein Racheakt für Partisanentätigkeit. Hannes Koch