: Das Gold der Sümpfe
■ Als Imker des Tupelo-Honigs hat Peter Fonda in Victor Nunez' leisem Familiendrama "Ulee's Gold" ein überzeugendes Comeback
Ulee Jackson (Peter Fonda) ist ein bedächtiger Mann. Wie er seine Bienenstöcke umsetzt, die schweren, honigtropfenden Behälter vorsichtig transportiert, mit einem kriegsverletzten Knie einen ausgerissenen Bienenschwarm furchtlos wieder einsammelt, läßt nichts von seinem bewegten Innenleben vermuten. Denn Ulees Sohn Jimmy (Tom Wood) sitzt wegen Raub im Knast, Schwiegertochter Helen (Christine Dunford) taumelt im Drogenrausch durch zwielichtige Bars, und Ulee allein obliegt es, für zwei halbwüchsige Enkeltöchter zu sorgen.
Victor Nunez' Film „Ulee's Gold“ handelt von einem Witwer und Vietnam-Veteranen, der seine ganze verbliebene Energie aufbringen muß, um die kaputte Familie zu retten. Eigentlich hat Ulee sich mit seiner Rolle als Bienenzüchter und Großvater abgefunden. Doch die Vergangenheit seines Sohnes holt ihn ein: Jimmys Komplizen haben von der unzurechnungsfähigen Helen erfahren, daß Jimmy das Geld aus dem Überfall versteckt hat. So wird der resignierte Ulee zum Handeln gezwungen: Er muß die kranke Schwiegertochter nach Hause holen und gesund pflegen, und er muß den gefährlichen Gangstern die Beute bringen. Gleichzeitig ist Tupelo-Honig-Zeit, der Honig muß verarbeitet, abgefüllt und verpackt werden. Wie ein „Bienenkönig“ seine Bienen bringt Ulee seine Familie wieder nach Hause und ins Gleichgewicht. Die Enkeltochter zeichnet der heimgekehrten Mutter ein Bild von „Ulee, wie er die Bienen einsammelt“, Ulee selbst gesteht nach überstandener Krise, daß er sich fühle „wie eine überflüssige Drohne“.
Zuerst muß der Eigenbrödler jedoch seine Stärke wiederfinden, die ihn in Vietnam als einzigen seiner Kompanie überleben ließ und die ihm mit dem Tod seiner Frau Penelope vor sechs Jahren abhanden kam. Und er muß lernen, Hilfe von außen anzunehmen. Diese kommt in Form von Nachbarin Connie Hope (!), die sich durch ihre unaufdringliche Freundlichkeit Ulees Vertrauen erkämpft.
Nomen ist noch öfter Omen: Ulee von Ulysses, Odysseus, der nach langen Irrfahrten zu seiner Gattin Penelope zurückkehrt, rettet Helen, die schöne Helena, aus der Gewalt der Bösen – die griechische Mythologie lugte Regisseur Nunez bei der Inszenierung des Dramas über die Schulter.
Peter Fonda mit seiner eindrucksvollen Statur seines Vaters gibt einen überzeugenden, eindringlichen Ulee. Die sensible Darstellung (Vater Henry Fonda züchtete ebenfalls Bienen) brachte dem 59jährigen einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller ein. Überhaupt überzeugt in diesem Film die gesamte Darstellerriege. Christine Dunfords zerbrechliche, drogenkranke Helen ist anrührend und realistisch, Tom Wood bringt mit seinem zerknirschten Jimmy eine bessere Leistung als in seiner Astronautenrolle in dem Hurra-Amerika-Weltraum-Spektakel „Apollo 13“. Und nicht zuletzt bezieht der Film eine Menge aus den langen Kamerafahrten über „Swampland“ Tupelo: Die Sümpfe von Florida mit ihrer schwülen Präsenz sind wie die Darsteller voller Abgründe und retten oft über die zu kitschige Filmmusik und das schwülstige, familienlastige Ende, bei dem alle bereuen, hinweg. Jenni Zylka
„Ulee's Gold“. Regie und Buch: Victor Nunez. Mit Peter Fonda, Patricia Richardson, Jessica Biel u.a., USA 1997, 113 Min.
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