piwik no script img

Kuren in der Krise

■ Kassen zahlen weniger für Müttergenesung

Das „Müttergenesungswerk“– verstaubter Name für eine verstaubte Institution? Mitnichten, meint Luise Scherf, Schirmherrin des Bremer Ortsausschusses für Müttergenesung beim Startschuß für die diesjährige Spendensammlung: "Wie modern das Genesungswerk ist, wird oft nicht zur Kenntnis genommen.“In den Kuren würden ganzheitliche Therapien angewendet. Das liege zwar im Trend, das Bedürfnis für solche Therapien sei aber gegenüber den Kostenträgern schwerer zu begründen als rein medizinische Behandlungen.

Dem Genesungswerk geht es schlecht, berichtete Bremens „First Lady“Scherf. Denn die Krankenkassen zahlen nicht mehr ohne weiteres die Kuren für gestreßte und kranke Mütter und ihre Kinder. Gerade in Bremen, so Scherf, entschieden die Krankenkassen „sehr restriktiv“. Zwischen 2.000 und 4.000 Mark Zuzahlung können inzwischen bei einer Drei-Wochen-Kur fällig werden. Doch die Klientel des Genesungswerkes ist überwiegend arm.

Seit letztem Herbst gibt es in Bremen einen Runden Tisch mit den Krankenkassen – um im Einzelfall die Kuren durchzusetzen. Während die Kassen ihre Unterstützung für die Kuren einschränken, scheinen vor allem die Kinder immer bedürftiger zu werden: 60 Prozent der mitgebrachten Kinder leiden an Atemwegserkrankungen, 30 Prozent an Allergien. Mehr als 17 Prozent der Kinder weisen drei bis acht Krankheitsbilder gleichzeitig auf, die meisten davon psychosomatisch. Kranke Kinder, so die logische Schlußfolgerung, machen den Müttern mehr Arbeit – also werden auch die Kinder mitbehandelt.

Auch die hohe Arbeitslosigkeit belaste Frauen besonders. An den Nachholbedürfnissen der Frauen, so Scherf, werde auch neue und uneingestandene Armut deutlich sichtbar. So sei neben der medizinischen Betreuung die psychologische mindestens ebeso wichtig.

Jetzt soll, wie im letzten Jahr, auf den Straßen und an den Türen Bremens gesammelt werden. Knapp 68.000 Mark kamen 1997 zusammen. cd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen