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■ Wesentliches Wirtschaftswissen für die WestentascheSPD verrät News und Facts und Trends

Wenn ein gestandener, ergrauter Sozialdemokrat permanent „News“, „Facts“und „Trends“sagt, ist Vorsicht geboten. Trendy Modernität in Gestalt von Detmar Leo rollt über uns! Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion reicht einen Briefumschlag „voller Facts“über den Tisch und sagt, darin sei „Wirtschaftsformat“, der Bremer GenossInnen neueste Publikation verborgen. Nun hat so mancher niederträchtige und verleumderische Zeitgenosse schon immer klammheimlich gemutmaßt, der Wirtschaftssachverstand der Sozialdemokratie fände ohne weiteres ausreichend Platz in einem Fingerhut. Aber daß die Partei nun selbst behauptet, ihr wirtschaftspolitisches „Nou hau“passe in einen Briefumschlag ...

Doch Herr Leo weiß diesen schlechten Eindruck zu zerstreuen. Vor allem „das Wesentliche“sei im Wirtschaftsformat gebündelt, auf vier beidseitig bedruckten, aneinanderhängenden postkartengroßen Bögen. Und das Wesentliche – wir erinnern uns an Marxens dreibändiges „Kapital“oder Adornos 20bändige Gesamtausgabe – kommt im Focus-Zeitalter als überschaubare Infografik daher. Gleich drei versuchen in der ersten Ausgabe nach der Aufmacherstory über die Stadtwerke z.B. zu erklären, daß das Investitionssonderprogramm für Bremen eine dolle Sache ist, mit dessen Hilfe die Stadt am Ende des Jahres nur noch 16,7 Milliarden Mark Schulden hat.

„Mit hauseigenen Bordmitteln haben wir das Blatt gestrickt“– wer wie Detmar Leo ohne das geringste Wimpernzucken solche Sätze über die Lippen kriegt, ohne postwendend sein Schulzeugnis abzufackeln, der heißt entweder Helge Schneider oder ist wenigstens dem sein Schwager. Oder eben Sozialdemokrat. Zumindest ist er außerordentlich sympathisch.

Das Stricken mit hauseigenen Bordmitteln brachte – fünf rechts zwei links – also jene rosafarbene Socke namens „Wirtschaftformat“hervor. Mitgestrickt haben Cornelia Wiedemeyer und Peter Sörgel, mithin die geballte wirtschaftspolitische Strickmacht der Partei. „Kantig und bestimmt, nicht windelweich“wolle man Themen, so Strickbruder Leo, „an den Mann“bringen. Zwischen Windeln, Strickzeug, „viel Kaffee und ein paar Brötchen“habe man daher vor Monaten zusammengesessen, um „Wirtschaftsformat“zu ersinnen. Daß VW-Schröder erst kürzlich zum Kanzlerkandidaten erkoren wurde und sich seitdem kräftig als Wirtschaftsfreak profiliert, ist, sagt Leo, „ein glücklicher Zufall“. Natürlich habe man bei der Konzeption die Kandidatenfrage auf den Stricknadeln gehabt, aber daß es so gekommen ist ... . Auch Gott also ein roter Bruder! Der aber bekommt das vorerst zweimonatig erscheinende Blatt nicht. MultiplikatorInnen wollen die GenossInnen erreichen, mithin Menschen, „die sich unsere Zeitung ins Jackett stecken.“So'ne Typen also. Aber Hinz und Kunz dürfen das kostenlose Blatt auch lesen. Wenn die Nachfrage riesig ist, will man die Auflage von 1.000 auf das Dreifache erhöhen. Dann wäre „Wirtschaftsformat“die Dialogplattform „zwischen Innen und Außen“, wie Detmar Leo das gerne hätte. Vorausgesetzt, das Strickmuster kommt an. zott

InteressentInnen können sich an die SPD unter 33 67 70 wenden. Ab der 2. Ausgabe sind Infos im Internet unter http://www.spd-online.de abrufbar.

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