: „Eisenbrühe verseucht das Hollerland“
■ Naturschutzwacht erstattet Anzeige wegen Umweltfrevel / Baufirma Zechbau leitet angeblich Schmutzwasser ins Naturschutzgebiet / Umweltressort: „Aktion war illegal, Genehmigung fehlte“
Gerold Janssen, Mitglied der Bremer Naturschutzwacht, hat Anzeige wegen einer Grundwasserabsenkung im Neubaugebiet Hollergrund erstattet. Nach seinen Angaben wurde mit Eisen verseuchtes Wasser ungereinigt in ein Fleet geleitet, das direkt in das Naturschutzgebiet Hollerland mündet. „Da das Abklingbecken der Baufirma Zechbau viel zu klein war, ist die Brühe übergelaufen. Jetzt droht dem Rand des Hollerlandes eine sogenannte Verockerung“, sagt Janssen. Verockerungen sind Eisenablagerungen, die laut Janssen große Gefahren für Flora und Fauna mit sich bringen.
„Betroffen davon sind vor allem die Amphibien, die ausgerechnet jetzt dort ihre Laichzeit verbringen. Aber auch Wasserinsekten wie Libelle oder Wasserkäfer sind bedroht“, so Janssen. Zudem lebt der selten gewordene Fisch Schlammpeitzger in den geschützten Gräben im Hollerland. Das bestätigt auch der Gewässerökologe Michael Schirmer von der Universität Bremen. „Da es sich bei den Fleeten nicht um Fließgewässer handelt, baut sich das Eisen auch nur sehr langsam ab.“Zwar seien immer mal wieder kleinere Verockerungen durch den hohen Grundwasserpegel zu beobachten, ein massives Einleiten habe jedoch stark schädigende Auswirkungen auf die Natur.
Grundwasserabsenkungen dieser Art sind zudem laut Janssen kostenpflichtig, da das Wasser eigentlich über die Kanalisation der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) entsorgt werden müßte. „Eine Wasseruhr, mit der die Mengen registriert werden könnte, habe ich aber nirgends auf der Baustelle entdecken können“, bemängelt Janssen und vermutet „Unterschlagung“.
Die Firma Zechbau, die dort zusammen mit dem Immobilien-Unternehmen Justus Grosse zwei Wohnblöcke errichtet, stellt den aktuellen Vorgang eher als Unfall ohne große Auswirkungen dar. „Nach unseren Berechnungen reicht das Abklingbecken“, sagt ein verantwortlicher Mitarbeiter. Er führt das Überlaufen darauf zurück, daß Unbekannte am Wochenende die fünf Absaugpumpen viermal ausgestellt haben. „Dadurch läuft die Baugrube wieder voll Wasser, und das nach Einschalten der Pumpen wieder abgesaugte Wasser übersteigt die Kapazitäten des Abklingbeckens.“
An eine Umweltverschmutzung des Naturschutzgebietes Hollerland glaubt er zudem nicht: „Übergelaufen ist lediglich reines Grundwasser. Die von Herrn Janssen als Beweis für eine Verockerung angeführte Verfärbung des Wassers existiert nicht. Das Wasser hatte schon vorher diese ockerbraune Farbe.“Das wird von Anwohnern bestätigt. „Außerdem haben wir jetzt freiwillig das Abklingbecken vergrößert und leiten das Wasser in die BEB-Kanalisation ein“, so der Zechbau-Mitarbeiter.
Eine taz-Anfrage bei der Bremer Umweltbehörde ergab allerdings, daß diese Maßnahmen alles andere als freiwillig erfolgt sind. „Nach der Anzeige der Naturschutzwacht ist die Wasserbehörde zur Baustelle herausgefahren“, berichtet Holger Bruns, Sprecher der Umweltbehörde. „Die hat Wasser-Proben mitgenommen, die aber noch nicht ausgewertet sind. Fest steht aber eins: Wenn solche Abwässer in natürliche Gewässer eingeleitet werden, muß eine Genehmigung vorliegen. Eine solche war im vorliegenden Fall aber nicht vorhanden. Damit war die Aktion illegal und die Wasserbehörde hat sofort dafür gesorgt, daß das Auffangbecken vergrößert und ein Kanal-Abfluß geschaffen wurde.“ Jens Tittmann
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