: Afrika-Millionendeal: Diamanten gegen Waffen
■ Britische Söldnerfirma half Nigeria in Sierra Leone und beruft sich auf Regierung Blair
Berlin (taz) – Illegale Waffenexporte in das westafrikanische Sierra Leone belasten die britische Regierung. Der britische Zoll ermittelt gegen die Söldnerfirma Sandline International wegen Waffenlieferungen an Sierra Leones heutigen Präsidenten Ahmed Tejan Kabbah im Februar 1998, als er noch im Exil saß und in seiner Heimat eine Militärjunta regierte. Die Firma behauptet, für die Lieferungen eine Erlaubnis der britischen Regierung gehabt zu haben, obwohl Sierra Leone unter einem UN-Waffenembargo stand.
Sierra Leones Präsident Kabbah war im Mai 1997 von Teilen seiner Armee gestürzt worden. Im März dieses Jahres setzte ihn eine Militärintervention der nigerianisch geführten Eingreiftruppe Ecomog wieder in sein Amt ein. Zuvor hatte Kabbah aus dem Exil in Guinea die Firma Sandline um Hilfe zu seiner Wiedereinsetzung gebeten. Für zehn Millionen Dollar, berichten jetzt britische Medien, lieferte die Firma im Februar bulgarische Waffen an die nigerianisch geführte Ecomog-Truppe und an die Kabbah-treue sierraleonische Miliz „Kamajor“.
Die zehn Millionen Dollar wurden in Form von Hypotheken auf Diamantenkonzessionen gezahlt. Sierra Leone ist eines der diamantenreichsten Länder der Welt. Sandline wird von Tim Spicer geführt, einem ehemaligen Mitglied der britischen Eliteeinheit SAS. Er geriet bereits letztes Jahr in die Schlagzeilen, als er der Regierung von Papua-Neuguinea Söldner zur Niederschlagung einer Armeerevolte anbot.
Der britische Zoll nahm vor kurzem auf Anregung des Geheimdienstes Ermittlungen gegen Sandline über einen möglichen Bruch des UN-Waffenembargos gegen Sierra Leone auf. Letzte Woche stellten Zollbeamte den Vertrag über Sandlines Militärhilfe an Kabbah zusammen mit Frachtbriefen sicher. Spicer erklärte zu seinen Aktivitäten am Sonntag abend, er sei im Glauben tätig gewesen, „daß wir mit Billigung der Regierung handeln“. Das britische Außenministerium widersprach und sagte, es habe keine solche Billigung gegeben. Außenminister Robin Cook soll heute im britischen Unterhaus eine Erklärung abgeben.
Tim Spicer stand während der nigerianischen Militärintervention in Sierra Leone im März in ständigem Kontakt zu Großbritanniens Außen- und Verteidigungsministerium. In Sierra Leone ist die Überzeugung verbreitet, daß britische Söldner Nigeria damals behilflich waren. Nigerianische Truppen kämpfen dort bis heute gegen die Reste der gestürzten Militärjunta. Seit Mitte März sind 70.000 Menschen vor den Kämpfen nach Guinea geflohen. D.J.
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