Das Hollerland soll verkauft werden

■ In einer Sondersitzung des Senats pokert die Koalition heute um das Naturschutzgebiet Hollerland, Studiengebühren, Linie 4 und andere Streitfragen / Offiziell herrscht Stillschweigen

„Das stand nicht auf der Tagesordnung des Senats“, dementiert Thomas Diehl, der Sprecher des Senats, kategorisch. „Das“ ist das Thema Hollerland-Trasse, Autobahn-Zubringer quer durch das Natur- und Vogelschutzgebiet Hollerland von der A 27 Richtung Lilien-thal. Über das, was nicht auf der Tagesordnung stand, liegt der taz allerdings eine „Tischvorlage für die Sitzung des Senats am 5. Mai 1998“ vor.

Dieser merkwürdige Umstand deutet darauf hin, daß in der Vorbereitung der Senatssitzung zwar darüber gesprochen worden ist, das Papier aber noch keine Zustimmung für die offizielle Senatssitzung am Dienstag fand. Am heutigen Donnerstag soll es nun eine Sondersitzung des Bremer Senats geben. Auch da steht es nicht auf der Tagesordnung, aber das kann damit zusammenhängen, daß es für die Sitzung überhaupt keine Tagesordnung gibt.

Mit der „Tischvorlage“ wollte sich der Bausenator auf die Schnelle die Zustimmung des Senats holen, um die Planungen für die Hollerland-Trasse weiter vorantreiben zu können. „Bereits im Flächennutzungsplan 1967“ habe diese Straßenverbindung zwischen Autobahn-Anschluß Horn-Lehe und Lilienthal gestanden. Sie sei dann aber 1987 aus den Planungen herausgestrichen worden. Zunehmende Verkehre würden die alte Straßenplanung doch erforderlich machen. Nach der Vorstellung des Bauressorts sollte der Senat am Dienstag einen Überraschungs-Coup landen und beschließen: „Der Senat bittet den Senator für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung, alle für die Einleitung der formellen Planverfahren erforderlichen Maßnahmen durchzuführen“, so heißt es wörtlich in der Tischvorlage.

Kommt das umstrittene Thema aber heute überhaupt auf die Tagesordnung der Sondersitzung des Senats? Der Sprecher des Bausenators möchte dazu nichts sagen, das Thema sei im Moment nicht für Erklärungen geeignet. In den Fachabteilungen des Bauressorts geht man derweil davon aus, daß gleichzeitig mit der Hollerland-Trasse ein anderes Thema behandelt werden könnte - auch außerhalb der Tagesordnung: Der Planungsfortschritt der Linie 4. „Das liegt doch nahe zusammen“, sagt einer aus dem Bauressort, der es wissen muß.

Nicht dabei ist allerdings die Umweltsenatorin, sie weilt fern der bremischen Heimat. Daß Bürgermeister Henning Scherf (SPD) sie heftig unter Druck gesetzt hat, im Interesse des Koalitionsfriedens doch ein Hollerland-Opfer zu bringen, das kann der Sprecher der Senatorin nicht bestätigen. Was im Senat passieren wird, weiß er auch nicht, nur soviel: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Senat über die Hollerland-Trasse in Abwesenheit der Umweltsenatorin entscheidet und ohne daß die SPD-Fraktion die Gelegenheit gehabt hat, darüber zu beraten“.

Aber es geht um mehr. Die SPD-Wissenschaftssenatorin will die Zustimmung zu dem 3,4 Milliarden-Mark-Paket zum Ausbau der Hochschulen in den kommenden Jahren. Die CDU will, daß Bremen am Freitag im Bundesrat dem Vorschlag der Bonner Koalition zur Studienfinanzierung zustimmt Außerdem will die Union erreichen, daß im Hollerland auch Naturschutzflächen für die Erweiterung des Technologieparks vorgesehen werden können.

Und so trifft sich der Bremer Senat um 11 Uhr mit nichts auf der Tagesordnung, damit frei über Geben und Nehmen verhandelt werden kann. K.W.