: Daimler chryslert um die weltgrößte Industriefusion
■ Der Stuttgarter Autokonzern will für rund 60 Milliarden Mark den drittgrößten US-Autobauer Chrysler kaufen. Der hat zuletzt 5 Milliarden Mark Gewinn gemacht
Berlin (taz) – Daimler-Chef Jürgen Schrempp wird wieder seinem Image als der große Zampano gerecht: Wie gestern bekannt wurde, versucht er derzeit, die weltweite Autoindustrie ein wenig durcheinanderzuwirbeln. Während sich VW- Chef Ferdinand Piäch und BMW-Vorstand Bernd Pischetsrieder noch um die kleine Nobelmarke Rolls-Royce zanken, greift Schrempp nach einem wahren Konzern: der Chrysler Corporation, mit einem letztjährigen Umsatz von 61 Milliarden Dollar (knapp 110 Milliarden Mark) die Nummer drei in den USA und damit ähnlich groß wie VW und Daimlers Fahrzeugsparte Mercedes-Benz.
Gestern bestätigten Daimler-Benz und Chrysler Gespräche über eine Fusion der beiden Firmen. Die Stuttgarter verbreiteten eine Erklärung, daß sie sich „in Gesprächen befinden über eine mögliche Zusammenführung der beiden Unternehmen“. Zu Details und einem Zeitplan für die Verhandlungen hieß es aber nur: „Kein Kommentar.“
Die Fusion der beiden Riesen wäre die größte Industriefusion aller Zeiten. Es wäre auch das erste Mal, daß einer der großen drei aus den USA verkauft würde und dann auch noch von einer Firma aus Europa. Die 300.000 Angestellten von Daimler-Benz schafften im vergangenen Jahr einen Umsatz von 124 Milliarden Mark und einen Gewinn von gut 4 Milliarden Mark. Mit dem neuen Partner Chrysler würden 121.000 Leute hinzukommen. Sie brächten einen Umsatz von knapp 110 Milliarden und einen Profit von 5,2 Milliarden Mark nach Steuern mit in die Ehe. Nach diesen Zahlen wäre das Duo weltweit die Nummer drei hinter General Motors und Ford. Bei den verkauften Autos lägen sie mit gut 4 Millionen im Jahr 1997 auf Platz fünf, knapp hinter Toyota und VW/Audi. Doch vor der Firmenhochzeit muß erst ein umfangreicher Ehe- und Erbvertrag ausgearbeitet werden. Daimler ist die größere Firma, kann sich aber trotzdem die geschätzten gut 60 Milliarden Mark Kaufpreis für die US-Amerikaner nicht leisten. Es müßte also wohl zu einem Aktientausch kommen.
Dem Wall Street Journal von gestern zufolge soll das kommende Gemeinschaftsunternehmen zugleich vom 53jährigen Daimler-Chef Schrempp und seinem Chrysler-Kollegen Robert Eaton (58) geführt werden. Die Konsequenzen für die unteren Ränge der Belegschaft sind noch nicht abzusehen. Nach Einschätzung von Branchenexperten wird es aber nicht zu größeren Entlassungen kommen.
Reiner Metzger Tagesthema Seite 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen