piwik no script img

Grand-Prix-Abc für AnfängerInnen

25 Länder dürfen alljährlich teilnehmen. Island, Österreich, Rußland, Bosnien und Dänemark sind heuer nicht dabei. Sie waren die letzten Jahre zu schlecht plaziert. Italien verzichtet auf eine Teilnahme, weil es mit dem San-Remo-Popfestival schon bedient ist. Luxemburg und Monaco, Klassiker der Grand-Prix-Geschichte (Nana Mouskouri, France Gall, Baccara, Françoise Hardy), haben sich gleichfalls zurückgezogen. Die Länder, die in Birmingham die fünf letzten Plätze belegen, müssen 1999 pausieren.

Irland ist Rekordgewinner mit sieben Titeln. Luxemburg, Frankreich und Großbritannien (voriges Jahr Katrina & The Waves mit Love Shine A Light) gewannen je fünfmal, die Bundesrepublik einmal, 1982 mit Nicoles Ein bißchen Frieden.

Bisher die Regel: Jedes Land muß das Lied in der Heimatsprache singen lassen. (Umstrittene) Reformpläne sehen vor, dies zu ändern: Auch Finnland – nie gewonnen wegen der Sprache? – soll in englisch singen dürfen. Schon ab nächstem Jahr. In 1973 bis 1976 war dies schon einmal Usus. Wurde aber wieder abgeschafft, weil die Identität flöten ging. Griechenland, Zypern, Mazedonien und Portugal haben bereits angekündigt, bei ihrer Landessprache zu bleiben.

Neu ab nächstem Jahr: Das gastgebende Land braucht kein Orchester mehr zu stellen. Kommt billiger. Für die Teilnehmer heißt das: Tonproduktion selbst mitnehmen.

Der Abstimmungsmodus hat sich während der letzten 20 Jahre nicht geändert. Jedes Land vergibt Punkte – nie jedoch für sich selbst – in der Reihenfolge 12 (für das beste), 10, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 (für das zehntbeliebteste Lied der Landeswertung). Revolutionäre Neuerung: Dieses Jahr lassen die meisten Länder (22) das Volk per TED abstimmen, die Expertenjurys haben ausgedient. Das Kalkül: Siegen kann dann nur ein potentieller Hit.

Der Grand Prix hat Stars den entscheidenden Karrierekick gegeben (Céline Dion, Abba, Amina, Brotherhood of Men, Udo Jürgens, Nicole, Olivia Newton-John, Vicky Leandros), anderen einen zweiten Frühling bereitet (Cliff Richard, Gérard Lenorman, Mia Martini, Lynsey de Paul, Siw Malmqvist).

Grand-Prix-Partys finden dieses Jahr in (fast) allen Dörfern, Kleinstädten und Metropolen statt. Versuche, Guildo Horn zu unterstützen und per Handy in anderen Ländern anzurufen, um sein Lied zu wählen, sollen zum Scheitern verurteilt sein. Die Telekom-Gesellschaften werden alle aus dem Ausland kommenden TED-Anrufe hinauswerfen.

Lektüretips: Paul Gambaccini u.a. – The Complete Eurovision Song Contest Companion, London 1998, Pavilion Books; Milena Fessman u.a. – L'Allemagne Deux Points. Ein Kniefall vor dem Grand Prix, Berlin 1998, Ullstein; Thommi Herrwerth – Partys, Pop und Petting. Die Sixties im Spiegel der Bravo, Marburg 1997, Jonas-Verlag; André Port le roi – Schlager lügen nicht. Deutscher Schlager und Politik in ihrer Zeit, Essen 1998, Klartext. JaF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen