: Gysi klagt in Karlsruhe
■ ARD: Stasi-Dokumente von 1986 stellen Ergebnis des Immunitätsausschusses in Frage
Bonn/Berlin (AP) – Gregor Gysi hat gestern Verfassungsklage gegen die Einstufung als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi eingereicht. Der Vorsitzende der PDS-Bundestagsgruppe wirft dem Immunitätsausschuß des Parlaments vor, im Untersuchungsergebnis „wahrheitswidrig“ festzustellen, er sei Stasi-Informant gewesen und habe als Rechtsanwalt in der DDR zwischen 1975 und 1989 Mandanten verraten.
Wie die PDS-Bundestagsgruppe gestern erklärte, hat Gysi in Karlsruhe auch eine einstweilige Anordnung beantragt, um zu verhindern, daß das Untersuchungsergebnis als Bundestagsdrucksache veröffentlicht wird. In seiner Organklage mache Gysi eine Verletzung seiner Abgeordnetenrechte nach Artikel 38 Grundgesetz geltend, sagte ein Sprecher der Bundestagsgruppe.
Das ARD-Morgenmagazin berichtete unterdessen von ihm vorliegenden Stasi-Dokumenten, die ausreichten, das Untersuchungsergebnis des Ausschusses in Frage zu stellen. „Ein internes, sogenanntes IM-Buch der Stasi zeigt, daß Gregor Gysi zwar als Inoffizieller Mitarbeiter gewonnen werden sollte, die Anwerbungsversuche allerdings erfolglos waren.“ Der Ausschußvorsitzende Dieter Wiefelspütz bestätigte in der Sendung, es gebe keine Verpflichtungserklärung, dies sei aber kein entscheidender Beweis. „Denn bei ganz hochrangigen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit bedurfte es keiner schriftlichen Erklärung, das hat man per Handschlag gemacht.“
Dagegen spricht laut ARD ein Beschluß der Stasi von August 1986, in dem der Anwerbungsversuch als gescheitert beurteilt werde: Gysi sei nicht geeignet, als IM zu arbeiten. Dieser Beschluß sei vom Immunitätsausschuß kaum berücksichtigt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen