: Schatten in der Nacht
Auf der Suche nach Hamburgs Fledermäusen: Ein Ausflug mit der Naturschutzjugend ■ Von Stefan Tomik
Die Dämmerung bricht über die Berner Aue im Osten Hamburgs herein. Etwa vierzig Augenpaare suchen gespannt die Wasseroberfläche eines kleinen Tümpels ab. Sie alle wollen Fledermäuse beobachten – in freier Wildbahn. „Fledermäuse senden Ultraschallaute aus und machen sich mit Hilfe des Echos ein genaues Bild ihrer Umgebung“, weiß Exkursionsleiter Olaf Fedder von der Naturschutzjugend Hamburg. In den Händen hält er einen Bat-Detektor, ein elektronisches Gerät, das diese Ultraschallaute hörbar macht. Doch der Bat-Detektor bleibt still, weit und breit ist keine Fledermaus in Sicht.
Tagsüber hausen die Tiere in Baumhöhlen, Mauerspalten oder Dachstühlen. „Erst in der Dunkelheit starten sie zum Jagdflug“, erklärt Fedder, „und fangen bis zu einer halben Million Insekten pro Jahr“. Als Nachtjäger sind Fledermäuse fast konkurrenzlos, ihre Art der Orientierung ist einmalig.
Nach einer halben Stunde noch immer keine Spur von Fledermäusen. Die Gruppe zieht weiter zum Kupferteich. Einige Ungeduldige machen sich schon enttäuscht auf den Heimweg. Die große Flugshow kann Olaf Fedder natürlich nicht garantieren. Nur mit etwas Glück kann man drei der 22 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten hier in Hamburg beobachten: die Wasser- und die Zwergfledermaus sowie den Großen Abendsegler. Dieser typische Baumhöhlenbewohner ist mit einer Spannweite von rund 40 Zentimetern die größte in Hamburg vorkommende Fledermausart – trotz eines Körpergewichts von gerade einmal 30 Gramm. Eines haben alle 22 Arten gemeinsam: sie stehen auf der roten Liste der bedrohten Tierarten ganz oben, weil ihr Lebensraum immer weiter zerstört wird.
Plötzlich knattert der Bat-Detektor: zwei Schatten huschen über die Wasseroberfläche, nur geübte Augen erkennen in der Dunkelheit die Fledermäuse. So schnell, wie die Tiere aus dem Nichts auftauchten, sind sie auch schon wieder verschwunden. Erst später am Abend, an einem anderen nahen Tümpel, entdeckt der ausdauernde Kern der Gruppe doch noch einige weitere Wasser- und Zwergfledermäuse.
Die nächste Führung der Naturschutzjugend: 25.5.98, 21 Uhr. Treffpunkt: Wandse-Brücke am Sonnenweg, Infos im Internet unter: http://www.naju-hh.home.pages.de
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